Baum und Blume des Jahres 2020: Gewöhnliche Robinie und Fieberklee

Eberhard Große | Ausgabe 1-2020 | Natur und Umwelt

Gewöhnliche Robinie (Robinia pseudoacacia L.). Bildquelle: Datenbank des Botanischen Vereins Sachsen-Anhalt e. V. Der Abdruck wurde freundlicherweise vom Botanischen Verein gestattet.
Zeichnung: I. Salomon (Berlin) aus Jäger, E. J., Müller, F., Ritz, C., Welk, E. u. Wäsche, K. (Hrsg.): Rothmaler, Exkursionsflora von Deutschland. Bd. 3. Gefäßpflanzen: Atlasband. 12., neu bearb. u. erw. Aufl. Springer Spectrum, 2016. –  Der Abdruck wurde freundlicherweise von den Herausgebern gestattet.  l———l 	1 cm-Maßstab - - - - -         	Zuordnungslinie
Rasterkarte der Gewöhnlichen Robinie | Auszug aus der Datenbank Blütenpflanzen, Teil Sachsen-Anhalt. Die Datenbank im Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt hat freundlicherweise den Abdruck erlaubt.
Fieberklee (Menyanthes trifoliata L.) Foto: Johannes Gepp. Bildquelle: Naturschutzbund Österreich, https://naturschutzbund.at/blume-des-jahres-239/items/id-2020-fieberklee.html
Fieberklee (Menyanthes trifoliata L.). | Zeichnung: Doz. Dr. Eberhard Ladwig [Mühlhausen (Thür.)] aus Jäger, E. J., Müller, F., Ritz, C., Welk, E. u. Wäsche, K. (Hrsg.): Rothmaler, Exkursionsflora von Deutschland. Bd. 3. Gefäßpflanzen: Atlasband. 12., neu bearb. u. erw. Aufl. Springer Spectrum, 2016. – Der Abdruck wurde freundlicherweise von den Herausgebern gestattet.  	Hinweis auf wichtige Merkmale  l———l 	1 cm-Maßstab - - - - -         	Zuordnungslinie
Rasterkarte Fieberklee| Auszug aus der Datenbank Blütenpflanzen, Teil Sachsen-Anhalt. Die Datenbank im Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt hat freundlicherweise den Abdruck erlaubt.

Die Gewöhnliche Robinie

Die zur Pflanzenfamilie Hülsenfruchtgewächse (Fabaceae LINDL. oder Leguminosae JUSS.) gehörende Gewöhnliche Robinie oder Falsche Akazie (Robinia pseudoacacia L.) stammt ursprünglich aus Nordamerika. – Die Nomenklatur der deutschen und wissenschaftlichen Namen richtet sich nach JÄGER [6]. – Die vom Pariser Hofgärtner Jean Robin „1601 aus N-Amerika nach Europa eingeführte Art wurde anfangs wegen ihrer gefiederten Laubblätter den Akazien zugerechnet“ ([1] S. 510) . Darauf verweist das griech. Wort pseudo („lügnerisch, täuschend“), „weil der Baum mit einer Akazie verglichen wurde“ ([8] 3 S. 1387). Der Sohn des genannten Hofgärtners, Vespasien Robin, hatte 1635 als erster „die Art aus Samen [gezogen], die er aus Amerika erhalten hatte“ ([1] S. 540). Nach Genaust (ebenda) ist in der etymologischen Forschung (noch) nicht eindeutig geklärt, ob die Gattung nach J. oder V. Robin benannt worden ist.

Die Gewöhnliche Robinie ist ein zwischen 15 und 25 m hoch wachsender, sommergrüner Laubbaum mit einer lockeren Krone. Im gemäßigten europäischen Klima bildet sie selten eine schöne Wuchsform aus ([11] S. 557). An ihrem Stamm weist die graubraune, dick werdende Borke tiefe Längsrisse auf. Ihre Triebe „tragen paarige Nebenblatt-Dornen“ ([5]). Die wechselständig angeordneten Laubblätter sind unpaarig gefiedert. Sie setzen sich aus 9 bis 17 gleich großen, rundlich bis elliptisch geformten, ganzrandigen dünnen Blättchen zusammen. Von Mai bis Juni erscheinen die in bis 20 cm langen, hängenden Trauben angeordneten, weißen, stark duftenden Blüten. Deren Bau ist dorsiventral und setzt sich aus der oben befindlichen Fahne, den beiden seitlich stehenden Flügeln sowie dem unten vorhandenen, aus zwei Kronblättern gebildeten Schiffchen zusammen. Auf das Aussehen der Blüte wie ein Schmetterling nahm der einstige Name der Pflanzenfamilie (Schmetterlingsblütengewächse) Bezug. Als Früchte entwickeln sich 5 – 10 cm lange, braune Hülsen mit 4 – 8 Samen, die durch Wind verbreitet werden.

Der in seiner Heimat kurzlebige Baum [5] wächst auf frischen bis trockenen, lockeren kiesigen oder lehmigen sowie auf felsigen Standorten. Als wärmeliebender Rohbodenpionier durchwurzelt sie diesen sehr intensiv und reichert ihn mit Sickstoff an. Nach ihrer Einführung nach Europa begann in Deutschland Ende des 18. Jh. durch anthropogenen Anbau bedingt ihre Ausbreitung. Sie wurde als Zier-, Allee- und Straßenbaum angepflanzt, ja sogar forstlich eingebracht. Besonders auf den „kahlen“, von Trocken- und Halbtrockenrasen bewachsenen Flächen im Mitteldeutschen Trockengebiet erfolgte nach 1950 gezielt ihre Anpflanzung „zur Verschönerung“ der Landschaft. Es war wohl nicht bekannt, dass Robinien durch ihr starkes Wurzelwachstum und die Stickstoffanreicherung des Bodens ihres Wuchsortes die Existenz der an nährstoffarme Böden gebundenen, unter Naturschutz stehenden Felsfluren, Trocken- und Halbtrockenrasen in ihren Beständen stark gefährdet bis völlig verdrängt werden würden. Die Rasterkarte zeigt, wie die ursprünglich nicht heimische Art derzeit z. B. in Sachsen-Anhalt verbreitet ist. Sie gefährdet großräumig die Biodiversität und verändert Vegetationsstrukturen ( [10) S. 168]. Insgesamt siedelt sie nicht nur in Deutschland, sondern auch in weiten Teilen Europas in trocken-warmen Forsten und Wäldern, in Xerothermrasen und entlang der Verkehrswege. Deshalb steht auch in Deutschland dieser Neubürger auf der „Schwarzen Liste – Managementliste“, in der invasive Neophyten aufgeführt sind, die die heimische Tier- und Pflanzenwelt in ihren Beständen akut gefährden. Da ist es nicht verwunderlich, dass die Entscheidung der „Stiftung Baum des Jahres“, die Robinie als Baum des Jahres 2020 auszuwählen, „die Gemüter von Naturschützern, Städteplanern und Forstleuten [erhitzt]. Dennoch könne der umstrittene Baum ein Hoffnungsträger im Klimawandel sein. Denn die Robinie gilt als sehr widerstandsfähig“ [9].

Wirtschaftlich hat die Robinie Bedeutung als Holzlieferant, als Bienenweide (sog. Akazienhonig – s. den zweiten deutschen Artnamen: Falsche Akazie) sowie als Zierpflanze (s. o.)

 

Der Fieberklee

In der älteren Literatur gehörte der in Deutschland unter Naturschutz stehende Fieber- oder auch Bitterklee (Menyanthes trifoliata L.) nach dem System der Samenpflanzen noch zu den Enziangewächsen (Gentianaceae). Aufgrund bestehender deutlicher morphologischer Unterschiede bildet er nun eine eigene Pflanzenfamilie, die Fieberkleegewächse (Menyanthaceae DUMORT.). Der erstgenannte deutsche Name der Art bezieht sich auf die Verwendung in der Volksmedizin als Mittel gegen Fieber. Es ist aber erwiesen, dass der Fieberklee „keine fiebersenkenden Eigenschaften besitzt“ [2]. Es soll hier darauf hingewiesen werden, dass das deutsche Wort Klee im Pflanzennamen sich nur auf das kleeartige Aussehen des Laubblattes bezieht (s. auch lat. trifoliata). Diese Sippe ist systematisch nicht mit der Gattung Klee (Trifolium) verwandt, die zur Familie Hülsenfruchtgewächse (Fabaceae) gehört. Und der zweite Artname Bitterklee nimmt Bezug auf den bitteren Geschmack des Krautes.

Diese zwischen 15 und 30 cm Größe erreichende, krautige, ausdauernde Sumpf- oder Wasserpflanze bildet im Boden einen bis zu 1 m langen kriechenden Erdspross (Rhizom) aus. Von diesem wachsen nach unten weiße Wurzeln und nach oben die etwa 12 – 20 cm lang gestielten Laubblätter. Deren Blattspreite setzt sich aus drei gefiederten, ganzrandigen, elliptisch geformten Blättchen zusammen. In den Achseln der Laubblätter befinden sich aufrecht stehende, unbeblätterte Schäfte mit je einem endständigen Blütenstand. Dieser besteht aus traubig angeordneten, weiß bis rosa gefärbten, radiären zwittrigen Blüten. Am oberen Rand der fünf schmalen, bis 1,5 cm langen Kronblätter sind Fransen ausgebildet. Während der von Ende April bis Juni dauernden Blütezeit erfolgt die Bestäubung durch Hummeln. Anschließend entwickeln sich zweiklappige Kapseln. Deren reife Samen werden vom Wind ausgestreut und danach durch Wasser verbreitet. Aus den Samen entwickeln sich entweder Wasserpflanzen oder Pionierpflanzen im Flachwasser, welche an die Ränder von Seen eindringen. Im letzteren Fall fördern sie dort die Verlandung des Wuchsortes.

Das Areal des Fieberklees reicht von montanen Lagen der warmgemäßigten Klimazone im Süden (submeridional) über die gemäßigten (temperaten) bis zu den nördlichen (borealen) Breiten auf der Nordhalbkugel der Erde. Die kalkmeidende Staude ist durch den Verlust ihrer natürlichen Standorte („zeitweilig überflutete, mesotrophe Flach- u. Quellmore, Schwingrasen“ ([6] S. 773) in ihren Populationen sehr zurückgegangen. Innerhalb Deutschlands sind ihre Bestände außer in den Bundesländern Bayern und Mecklenburg-Vorpommern gefährdet, in Niedersachsen und Sachsen sogar stark gefährdet ([7] S. 96) und stehen inzwischen als gefährdete Sippe nach der Bundesartenschutzverordnung unter besonderem Schutz [12]. Über die Verbreitung dieser Staude in Sachsen-Anhalt gibt die beigefügte Rasterkarte Auskunft. Bis 1949 gab es Fundmeldungen in 57, von 1950 – 1991 in 51 Messtischblatt-Quadranten. Ab 1992 wurden aktuelle Fundorte in 61 Rasterfeldern der Kartierungszentrale mitgeteilt. Derzeit tritt die Art vor allem in der Altmark, im Umkreis der Elbe, im Harz sowie in der Dübener Heide auf.

Der Fieberklee war einst eine Heilpflanze. Während der Blütezeit wurden seine Laubblätter gesammelt und getrocknet. Der daraus zubereitete Tee sollte den Appetit anregen sowie die Verdauung fördern [13]. Aus Artenschutzgründen sollte gegenwärtig auf diese Nutzung verzichtet werden, zumal es andere Mittel gibt.

 

Literatur:

[1] Genaust, H.: Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen. 3., vollst. überarb. u. erw. Aufl. Hamburg 2005. 701 S.
[2] heilpflanzenwissen.at/pflanzen/der-fieberklee/, letzter Zugriff: 19. 11. 2019
[3] https://de.wikipedia.org./wiki/Fieberklee, letzter Zugriff: 19. 11. 2019
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Gewöhnliche Robinie, letzter Zugriff: 19.11.2019
[5] https://neobiota.bfn.de/handbuch/gefaesspflanzen/robinia-pseudoacacia.html, letzter Zugriff: 19. 11. 2019
[6] Jäger, E. J. (Hrsg.) in Zusammenarbeit mit zahlreichen Fachleuten: Exkursionsflora von Deutschland. Gefäßpflanzen: Grundband. 20., neu bearb. u. erw. Aufl. Heidelberg 2011. 920 S. S. 380 – 406 u. 773
[7] Korneck, D., Schnittler, M. u. Vollmer, I.: Rote Liste der Farn- und Blütenpflanzen (Pteridophyta et Spermatophyta) Deutschlands. Schr.-R. f. Vegetationskde. H. 28 S. 21 – 187. Bonn-Bad Godesberg 1996.
[8] Marzell, H.: Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen. 3. Bd. Aus dem Nachlass herausgegeben von H. Paul. Stuttgart / Wiesbaden 1977. Nachdruck Köln 2000. 1556 S. S. 1387 – 1390
[9] Mitteldeutsche Zeitung Halle, 30. Jg./Nr. 249 vom 25.10.2019, S. 32
[10] Nehring, St., Kowarik, I., Rabitsch, W. u. Essl, F. (Hrsg.): Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertungen für in Deutschland wild lebende gebietsfremde Gefäßpflanzen. Bundesamt für Naturschutz. Bonn-Bad Godesberg 2013. 202 S., S. 168 f.
[11] Oberdorfer, E.: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Süddeutschland und die angrenzenden Gebiete. 3., erw. Aufl. Stuttgart 1970. 987 S. S. 533 – 535 u. 557
[12] Verordnung zum Schutz wild lebender Tier- und Pflanzenarten (Bundesartenschutzverordnung – BArtSchV) vom 16.02.2005, zuletzt geändert durch Art. 10 G v. 21. 1. 2013 l 95
[13] Wurzer, W.: Die große Enzyklopädie der Heilpflanzen. Ihre Anwendung und ihre natürliche Heilkraft. Klagenfurt 1995. 502 S.