Carl-Loewe-Erbepflege in Löbejün seit 1888

von Andreas Porsche | Ausgabe 3-2019 | Geschichte

Hörstation im Carl-Löwe-Haus Löbejün. Archiv Internationale Carl-Loewe-Gesellschaft.

Richard Wagner (1813 – 1883), ein überzeugter Bewunderer Carl Loewes, sprach hochachtungsvoll über den Komponisten: „Ja das ist ein ernster, mit Bedeutung, die schöne Musik und Sprache behandelnder, nicht hoch genug zu ehrender Meister echt und wahr …!“ Und Robert Schumann (1810 – 1856) urteilte im Leipziger Tageblatt vom 29. VII. 1835: „Sollten wir irgendeinen lebenden Komponisten bezeichnen, der vom Beginn seiner künstlerischen Laufbahn bis zum jetzigen Augenblick deutschen Geist und deutsches Gemüth bekundet und es im Zartesten wie im Wildesten, in der Sprache der ersten Liebe, wie im Ausbruche des tiefsten Zornes ausgesprochen hätte, so müßten wir Loewe nennen. Hinzu kommt noch das seltene Bündnis, das hier Komponist, Sänger und Virtuos in einer Person geschlossen haben.“
Die am 10. Dezember 1992 in Löbejün gegründete Internationale Carl-Loewe-Gesellschaft e. V. (ICLG) setzt die vielfältigen Traditionen der 1882 in Berlin und 1888 in Löbejün gegründeten Loewe-Vereine fort und hat ihren Sitz im denkmalgeschützten Carl-Loewe-Haus in der Saalekreisstadt Löbejün. Das 1530 als Schulhaus errichtete Geburtshaus von Carl Loewe wurde 1886 wegen Baufälligkeit abgerissen. An gleicher Stelle entstand 1886/87 ein neues Schulgebäude – das heutige Carl-Loewe-Haus. Es befindet sich mitten im historischen Zentrum der über 1000 Jahre alten Stadt neben der Stadtkirche St. Petri und in unmittelbarer Nähe von Rathaus, Marktplatz und Carl-Loewe-Denkmal.
Nach umfangreicher Sanierung durch Land, Landkreis und Stadt wurde das Haus der Internationalen Carl-Loewe-Gesellschaft übergeben, um dort ein „Haus der Musik und Kunst“ einzurichten. Die Eröffnung des Museums am 25. April 2014 im Rahmen der 5. Carl-Loewe-Festtage ermöglichte, seine Persönlichkeit, Wirken und kompositorisches Vermächtnis in einem komplexen Rahmen darzustellen. Die Einrichtung und Dauerausstellung im weltweit einzigen Carl-Loewe Museum wurden großzügig finanziell von der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und der Saalesparkasse unterstützt.
Weiteres Alleinstellungsmerkmal ist die Präsentation der weltweit umfangreichsten Loewe-Tonträgersammlung, verbunden mit der Geschichte der Entwicklung der Tonaufnahmetechnik, die über 2.000 Tonträger mit Kompositionen von Carl Loewe enthält, davon über 650 Schelllackplatten seit Beginn der Tonaufzeichnung 1902, seltene Rundfunkaufnahmen und Tonbandmitschnitte sowie historische Musikwalzen.
Die ICLG ist koordinierendes Zentrum der weltweiten Carl-Loewe-Forschung und -Erbe-Pflege durch Förderung des Konzertlebens und zentrale Stelle der Dokumentation zu Leben, Wirken und Werk des Komponisten sowie der Förderung wissenschaftlicher Publikationen, einschließlich biographischer Forschungen.
In regelmäßigen Abständen finden seit 2002 in Wettin-Löbejün die internationalen Carl-Loewe-Festtage statt, bei denen renommierte Künstler und Orchester Einblicke in das umfangreiche und vielfältige Werk Carl Loewes geben. Ein besonderes Anliegen ist es, fast vergessene Kompositionen aufzuspüren und für Aufführungen aufzubereiten. Seit 2017 gibt die ICLG mit dem Florian Noetzel Verlag „Ars Musica“ in Wilhelmshaven eine CARL LOEWE EDITION mit Erstveröffentlichungen z. B. der Sinfonien, des Klavierkonzertes, von Opern-Ouvertüren und verschiedenen Kammermusikwerken heraus.
Anlässlich des 150. Todestag des Komponisten in diesem Jahr wurde die Ausstrahlung seiner Person und seiner Kompositionen besonders deutlich. In ganz Deutschland fanden und finden Aufführungen seiner Werke statt. Im Zentrum der 7. Carl-Loewe-Festtage 2019 in Löbejün stand sein kirchenmusikalisches Schaffen und Wirken, ein Bereich mit vielen Anregungen für zukünftige Beschäftigung mit ihm als Chor- und Kirchenkomponisten. Seit 2002 erfolgt die Herausgabe der wissenschaftlichen Schriftenreihe „Veröffentlichungen der Internationalen Carl-Loewe-Gesellschaft e. V.“. In diesem Jahr erschien Band 5 unter dem Titel „Carl Loewe – Kirchenmusiker und Komponist“ von Götz Traxdorf im Verlag Janos Stekovics.
Eine enge und schöpferische Zusammenarbeit besteht international mit den Carl-Loewe-Gesellschaften in Österreich, Polen und Japan. Des Weiteren ist die ICLG Mitglied im Landesmusikrat Sachsen-Anhalt, im Landesheimatbund, im Museumsverband Sachsen-Anhalt e. V., in der Arbeitsgemeinschaft Musikermuseen in Deutschland, in der Arbeitsgemeinschaft Musikfeste Sachsen-
Anhalt und im „Straße der Musik“ e. V., wobei das Carl-Loewe-Haus-Ensemble als 1. Station auf der „Straße der Musik“ durch Mitteldeutschland verantwortlich zeichnet.