Ein Stück Heimat ging verloren – Der alte Niegripper Konsum wird „Haus der Begegnung“

Ein Beispiel für die Arbeit des Netzwerkes

Kristin Meier und Peggy Degener, Heimatverein Niegripp | Ausgabe 3-2020 | Bürgerschaftliches Engagement

Konsum in Niegripp. Foto Kathrin Wöhler
Die Vereinsvorsitzende Kristin Meier überreicht Frau Schwitters das erste Exemplar des neuesten Veranstaltungsflyers sowie eine Heimatvereins-Ehrenmitgliedsurkunde inklusive des freien Eintritts und stets einem Glas Sekt bei der Teilnahme an allen Veranstaltungen. Foto: Nicole Schimanski
Eine Rose "Home & Garden" als Abschiedsgeschenk der Niegripper Heimatfreunde an Frau Schwitters für 27 Jahre Konsumleitung und Dorfgemeinschaftsbeziehungspflege. Foto: Nicole Schimanski

Nun ist es soweit …

Wir werden ihn schmerzlich vermissen. Den Ort, der es uns ermöglichte, das fehlende Stück Butter zu besorgen, der gleichzeitig aber auch Treffpunkt war für diejenigen, die regelmäßig dort einkauften und nebenbei gleich die neuesten Neuigkeiten aus dem Ort erfuhren. Der Konsum, der nicht nur Einkaufsstätte war, sondern auch Zentrum der Begegnung. An der Hauptstraße gelegen lud er Durchreisende ein, noch schnell ein Brötchen und einen Apfel für die Weiterfahrt zu kaufen. Nun schließt er seine Tür. Die Konsumgenossenschaft war aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen, unseren Konsum zu schließen.

Vor fast 50 Jahren wurde er gebaut, damals noch im Winter mit einem großen Kohleofen beheizt. Die Kinder von einst erinnern sich an die Scheibe Mortadella, die es an der Fleischtheke immer auf die Hand gab. Oder an die Fässer Sauerkraut und Gurken, welche dem Ansturm der Schulkinder in der Mittagspause ausgesetzt waren – Erinnerungen an Kinderzeiten im Dorf.

27 Jahre hat unsere Sigrid Schwitters den Konsum im Ort geleitet mit Herz und Leidenschaft. Vielen Kunden konnte sie Wünsche erfüllen und machte sich somit für alle einzigartig und bedeutungsvoll. Zum Abschied wollten wir – der Heimatverein Niegripp – ihr einen Tag bereiten, der ihr auch in besonderer Erinnerung bleiben sollte. Sie kennt viele Niegripper und viele Niegripper kennen sie.

Es wäre für uns unglaublich spannend und für unsere nachfolgenden Generationen wichtig, die Geschichten zu hören, die sie und unser Konsum erzählen können. Dafür finden wir sicherlich auch noch Zeit, denn diese Geschichten sind Erinnerungen und die möchten wir erhalten! So machen wir es aktuell bereits schon mit der Sammlung alter historischer Bilder von Häusern und Landschaften, die zeigen, wie Niegripp vor 100 Jahren aussah sowie mit einer Geschichtensammlung von jetzigen Jung- und Alt-Niegrippern, die bald in einem Buch zusammengefasst erscheinen werden.

Wir kauften nun das Konsumgebäude und möchten es wieder mit Leben füllen, für Begegnungen und Erinnerungen sorgen und den Dorfeinwohnern dieses kleine Stück Heimat wiedergeben. Das Bewahren von Erinnerungen und alten Zeugnissen liegt uns am Herzen. Unser „historisches Bildercafé“ [1]  ist im Ort eine feste Größe geworden und wird von nun an im ehemaligen Konsum veranstaltet werden können (bisher waren wir heimatlos). Dieses Projekt haben wir dem Kulturerbe-Netz vorgestellt und werden dies auch auf dem nun im Herbst anberaumten Netzwerktreffen in Zörbig vorstellen.

Durch das Kulturerbe-Netz konnten die Niegripper Heimatfreunde Kontakt zum Wildtulpe e. V. in Mösthinsdorf aufnehmen und für die Konzeptbegleitung ihres Konsum-Projektes dieselbe Architektin gewinnen, die das dortige Haus der Begegnung damals für diesen Heimatverein plante. Wir stehen erst am Anfang der Umsetzung unseres Vorhabens und doch sind wir schon beachtliche Schritte vorangekommen. Auf unserem Weg sind uns das Kulturerbe-Netz und der Landesheimatbund als Partner eine große Hilfe.

Der Heimatverein in Niegripp hat sich im Mai 2018 gegründet, besteht derzeit aus 42 sehr aktiven Mitgliedern und hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Leben in Niegripp für Jung und Alt lebens- und liebenswert zu gestalten. Wir haben es uns zum Ziel gesetzt, die Einwohner für unsere Ideen zu begeistern, aber auch eigene Ideen mit uns umzusetzen. Gemeinsam geht’s immer besser und macht obendrein noch Spaß.

Gemeinsam könnten wir hier im ehemaligen Konsum einen Lieblingsort schaffen zum Treffen, Erzählen, Entdecken, Genießen, Bestaunen, Erleben und vielleicht auch mal wieder zum Einkaufen. Einen Lieblingsort, der Erinnerungen schafft, wie es unser alter Konsum tat.

[1] Menschen des Ortes bringen uns bei Kaffee und Kuchen ihre alten Fotoalben vorbei, deren Bilder wir für die Nachwelt digitalisieren und auserwählte Darstellungen dann zu „Historischen (Außen)Bildern“ auf Acryl fertigen, die dann wiederum an den Orten angebracht/aufgestellt werden, wo sie damals fotografiert wurden.