Eine Whisky-Reise durch Sachsen-Anhalt – Ein Nachtrag

von Christian Marlow | Ausgabe 3-2018 | Kulturlandschaft

Bärenwhisky aus Köthen; © Cornelia Kubitz

Im 3. Heft 2018 des Sachsen-Anhalt Journals[1] ist die mittlerweile vielfältige Whisky-Landschaft in unserem Bundesland vorgestellt worden. Nach einem Besuch in der Destille „Wilhelm Behr“ in Köthen, in der auch ein kleines, sehenswertes Museum zur anhaltischen Getränkekultur zu finden ist, wurde dem Autor schnell bewusst, dass er auf seiner Reise durch die Whisky-Landschaft Sachsen-Anhalts diesen Produzenten nicht beachtet hat.[2]

Dabei kann die Destille „Wilhelm Behr“ in Köthen auf die längste Brenntradition im heutigen Sachsen-Anhalt zurückblicken. Im Jahre 1831 gründete der 1801 in Ilberstedt geborene Wilhelm Behr im anhaltischen Köthen eine Material- und Eisenwarenhandlung.[3] Etwa 20 Jahre später erweiterte der Kaufmann seinen Geschäftsbereich um eine Branntweinbrennerei. „Die Qualität der hergestellten Spirituosen muss gut gewesen sein, der Absatz stieg rasch.“[4] Die hergestellten Liköre und Kornbrände wurden bald über ganz Anhalt hinaus, bis in die angrenzenden preußischen Gebiete gehandelt. Sein Sohn, Hugo Behr, kaufte 1868 am heutigen Standort Heinrichsplatz, ein 8000 qm großes Grundstück und errichtete dort eine Spirituosen- und Essigfabrik. Dieser Standort blieb bis heute das traditionelle Hauptgeschäft der Firma. Als 1905 Hugo Behr starb, übernahm sein Schwiegersohn Hermann Trautmann die Firma. Jährlich wurden ca. 80.000 Liter Alkohol zu den verschiedensten Fruchtsaft-Kräuterlikören und Kornbränden verarbeitet. Die hohe Inflation, Arbeitslosigkeit und die damit verbundene Armut zogen nicht spurlos an der Firma vorbei. Anfang der 1940er wurde das Essiggeschäft verkauft. 1943 erwarb der Kaufmann Walter Vollrath die Spirituosenherstellung; zwei Jahre später übergab er die Firma an seinen Schwiegersohn Werner Bierhoff.

Bis 1972 wurden hier die verschiedensten Fruchtsaftliköre mit eigener Fruchtsaftherstellung und Traditionsmarke wie „Doktor“, „Bärenkräuter“ oder „Bärenkorn“ hergestellt. Der gute Absatz der Produktion ließen die Firma rasch wachsen, was 1972 schließlich zu ihrer Verstaatlichung führte. Die Firma wurde der Rotkäppchen Sektkellerei Freyburg angegliedert und nannte sich von nun an Sektkellerei Köthen. Die Sektproduktion zog Ende der 80er Jahre in neue, große Produktionsgebäude am Heinrichsplatz. Nach der Reprivatisierung 1993 übernahm die Tochter von Werner Bierhoff, der die Firma 40 Jahre lang geführt hatte, Cornelia Kubitz die Geschäfte. Im Jahre 2013 wurde dann unter ihrer Regie der erste Köthener Single Malt Whisky gebrannt. Nach Aussage von Frau Kubitz sei ein gebrannter und in einem Holzfass gelagerter Korn „nichts anderes als Grain-Whisky[5][6] – jener werde schon seit Gründung des Unternehmens hergestellt. Somit wäre zumindest die Grain-Whisky Tradition in der Destille Behr bedeutend länger. Die Single Malt Produktion kam letztlich zu Stande, um etwas Neues auszuprobieren und das Sortiment zu erweitern. Ein weiterer Grund ist sicherlich auch, dass durch die Fassreifung unterschiedliche Geschmacksnuancen möglich seien. Aus diesem Grund produziert die Destille aktuell eher milden, fruchtigen Whisky, da „unsere Region nicht unbedingt als Whiskygegend bezeichnet werden“[7] kann. Es lagern aber auch einige mit Köthener Whisky belegte Fässer, die aus der Laphroaig-Brennerei von Islay in Schottland stammen, in den Kellern der Destille Behr, sodass wir in den nächsten Jahren auch mit rauchigen, torfigen Whiskys rechnen dürfen.

 

[1] Vgl.: Marlow, Christian: Eine Whisky-Reise durch Sachsen-Anhalt, in: Sachsen-Anhalt Journal, 3 (2018), S. 22-25.

[2] Somit befinden sich aktuell 7 produzierende Whisky-Destillen in unserem Bundesland.

[3] Vgl.: Freundel, Matthias: Die Firma Wilhelm Behr in Köthen, in: Köthener Industriegeschichte(n), Bd. III, hrsg. v. Monika Knof u. Matthias Freundel, Köthen 2011, S. 1-46, hier S. 1.

[4] Ebd., S. 4.

[5] Grain-Whisky wird im Gegensatz zu Single Malt Whisky nicht aus gemälzter Gerste, sondern aus Weizen, Mais etc. hergestellt.

[6] Interview mit Frau Kubitz am 6.2.2019.

[7] Interview mit Frau Kubitz am 6.2.2019.