Harzer Volkstänze – immer noch beliebt

CD mit Volkstanzanleitungen jetzt erhältlich

Lutz Wille | Ausgabe 1-2021 | Volkskunde

Die Trachtengruppe Benneckenstein tanzt die Sieber’sche Tampête. Foto: L. Wille
Die Jugend der Heimatgruppe Wolfshagen tanzt die Kreuzpolka. Foto: L. Wille

Im Frühjahr 2016 rief der Landesheimatbund Sachsen-Anhalt e.V. in Zusammenarbeit mit dem Zentrum HarzKultur in Wernigerode das Modellprojekt „Spinnstube“ mit großem Engagement ins Leben. Ziel des Vorhabens war es, ein neues Veranstaltungsformat für den ländlichen Raum zu entwickeln: Im Rahmen eines geselligen Beisammenseins soll Menschen verschiedener Generationen traditionelles Handwerk, handwerkliche Fertigkeiten und die regionale Volkskultur in Lied Tanz, Musik und Mundart vorgestellt und durch Mitmachen nahegebracht werden. Die Winter-Spinnstube 2017 war als Volkstanz-Workshop konzipiert. Die Veranstaltung, auf der auch regionale Tänze wie etwa die Tampête oder der Siebensprung ausprobiert wurden, begeisterte die Teilnehmer, welche aus nah und fern gekommen waren, und es wurde der Wunsch nach einer Wiederholung dieses Veranstaltungsformat geäußert.[1]

Der Verlauf des Volkstanz-Workshops zeigt, dass regionale Volkstänze auch heute noch lebendig und beliebt sind. In der Tat hat sich in der Harzregion eine ganze Reihe von ihnen erhalten. Heinrich Pröhle erwähnt 1855 den Siebensprung, den Schlossenschauer (Tampête) und die Winnewette (Menuett) bei einer Hochzeit in Lerbach[2], und aus dem Mansfelder Land sind der Schuster-, Weber-, Müller- und Kesselflickertanz sowie die Burschen-, Mannes-, Mädchen- und Frauenkreuzmühle bekannt.[3] Viele dieser traditionellen Tanzweisen wurden in den Notenheften der alten Harzer Kapellen überliefert.[4] Noch heute wird in Heimburg bei Blankenburg auf dem Schützenfest die Heimburger Tampête und in Anderbeck am Huy die Anderbecker Quadrille auf verschiedenen Dorffesten getanzt.

Auch die Vielfalt der Instrumentalbesetzungen geht aus diesen Notenheften des 19. Jahrhunderts hervor. Ad libitum-Besetzungen (je nach Möglichkeiten) stellten die Grundkomponente dar. Eine Spinnstubenkapelle bestand zumeist aus Blasebalg (Akkordeon), Harz-Zither oder Gitarre, Violine und Triangel. Zu den Festen im Jahreslauf wie Grasedanz, Schützen- und Erntefest, Hochzeiten – um nur einige zu nennen – und zu den sonntäglichen Tanzvergnügen spielte eine kleine Blasmusik mit Klarinette, 1. und 2. Violine und Trompete auf. Die Halberstädter Bauernkapelle, die im nördlichen Harzvorland unterwegs war, bestand aus 1. und 2. Klarinette in B, einer Klarinette in Es, 1. und 2. Trompete in B, Tenorhorn I und II in B, 2 Waldhörnern und einer Basstuba.

Ebenso sind die Tanzbeschreibungen und Tanzfiguren überliefert.[5] Sie zeichnen sich durch eine bunte und abwechslungsreiche Vielfalt aus, sodass eine Verbesserung unter künstlerischen Gesichtspunkten nicht notwendig ist. Allein die Ursprünglichkeit von Melodie, Rhythmus und Tanzfiguren ergeben bei traditionellen Volkstänzen eine harmonische und lebendige Ausdrucksform. Es bedarf keiner Verbesserungen!

Für den oben genannten Volkstanz-Workshop, der in Wernigerode stattgefunden hat, wurde die Folkband Folk & Fiddle aus Weimar engagiert. Es ist offenbar schwierig, geeignete Tanzmusiker aus der Region zu verpflichten, eine Situation, mit der auch die Harzer Heimatgruppen bei der Vorführung von Volkstänzen zu kämpfen haben. In der Auswertung der Volkstanz-Spinnstube wurde bereits das Fehlen einer Volkstanz-CD zu Übungszwecken und für Tanzvorführungen angemerkt.

Eine derartige Volkstanz-CD mit regionalen Tänzen aus dem Harzgebiet und den zugehörigen Tanzbeschreibungen liegt nun vor. Aus der Vielzahl der überlieferten Tänze wurden einige der bekanntesten und schönsten hinsichtlich Tanzmelodie und Tanzfiguren ausgewählt. Es handelt sich im Einzelnen um folgende Tänze: Kreuzpolka, Harsleber Vogelsteller, Südharzer Springer, Benneckensteiner Triolett, Mansfelder Kesselflicker, Anderbecker Quadrille, Warnstedter Quadrille, Siebersche Tampête, Stolberger Tampête. Die Choreographie folgt den überlieferten Beschreibungen, ihnen liegen die üblichen Volkstanzbegriffe zugrunde.

Die Zusammenführung von Tanzbeschreibungen mit den zugehörigen Tanzmelodien soll Heimatgruppen und Teilnehmern an Volkstanz-Workshops das Einstudieren erleichtern. Sie ermöglicht zugleich den Einsatz der CD auf Veranstaltungen zur Begleitung der Volkstänze. Jeder Tanz ist als Ganzes und jeder Tanzteil separat anwählbar. Die Reihung folgt dem Schwierigkeitsgrad der Choreographie. Am Anfang steht die Kreuzpolka als einfacher Paartanz, den Schluss bildet die anspruchsvolle und schnelle Stolberger Tampête.

Das Projekt wurde aus Mitteln des Mikrokulturfonds des Landes Sachsen-Anhalt gefördert. Die CD „Volkstänze aus dem Harzgebiet“ kann gegen einen Unkostenbeitrag von 10 € über den Landesheimatbund Sachsen-Anhalt (info@lhbsa.de) in Halle bestellt werden.

 

[1] Schlott, Christine: Spinnstuben als neues Veranstaltungsformat – Erfahrungen und Tipps zum Selbermachen. Halle (Saale) 2017 (Hrsg. Landesheimatbund Sachsen-Anhalt e. V.).

[2] Pröhle, Heinrich: Harzbilder – Sitten und Gebräuche aus dem Harzgebirge. Leipzig 1855, 8 – 11.

[3] Mansfelder Heimatblätter, Beil. z. Eisleber Tageblatt, 12. Folge Nr. 16 v. 16. 11. 1936.

[4] Notenhefte verschiedener Harzer Kapellen befinden sich im Archiv des Zentrums HarzKultur, Wernigerode.

[5] Wille, Louis/Ludwig Hellmut: Volkstänze aus dem Harz. (Hrsg. Zentralhaus für Volkskunst, Leipzig 1958), Hofmeister Musikverlag FH 2506 (Reprint).