„Offene Ateliers in Sachsen-Anhalt“ am 16. und 17. September

Projekte und Initiativen des Berufsverbandes Bildender Künstler Sachsen-Anhalt e. V. (BBK)

von Ruth Heftrig | Ausgabe 3-2017

Plakat "Offene Ateliers", Alexander Sperrle
Im Atelier von Inga Becker, Halle (Saale), Ateliergemeinschaft kunstrichtungtrotha; Foto: Ruth Heftrig
Arbeitsplatz von Yvonne Galley-Knappe, Lieskau, Saalekreis, Foto: Ruth Heftrig

Atelier ist nicht gleich Atelier. Soviel lässt sich leicht feststellen. In den vergangenen zwanzig Jahren hatten unzählige Besucher*innen die Möglichkeit, sich von der großen Bandbreite dessen, was ein Atelier sein kann, ein Bild zu machen. Denn so lange, seit 1996 schon, gibt es bereits die „Offenen Ateliers in Sachsen-Anhalt“ als Veranstaltung des Berufsverbandes Bildender Künstler Sachsen-Anhalt e. V. Im letzten Jahr beteiligten sich daran über 90 Künstler*innen und Designer*innen in sechs Städten und drei Landkreisen. Am Wochenende 16. / 17. September diesen Jahres ist es wieder so weit: Ateliers öffnen sich, Tische sind gedeckt, Bühnen aufgestellt und Arbeitsplätze hergerichtet. Durch das umfang­reiche Rahmenprogramm bieten sich die Räume nicht nur der stillen Betrachtung dar, sondern werden zu Orten des Gesprächs, des Genießens und des Tuns. Die offenen Ateliers regen zu Spaziergängen durch die Stadt an, auch in Viertel, die man sonst nicht besucht, zu Radpartien durch Stadt und Land oder bei weiteren Entfernungen auch zu Fahrten mit Bus, Bahn oder Auto. All diese Reisen ermöglichen Begegnungen mit unterschiedlichen Lebensentwürfen, bei denen manche Künstler*innen viel von sich und ihrem engsten Umfeld preisgeben, weil Arbeit und Leben im Künstlerberuf oft eng zusammengehören.
Künstlerisch tätig zu sein, das kann in einem vier Quadratmeter großen Kabuff genauso gut gelingen wie im Freiluftatelier. Manche Künstler*innen sind gern bei der Arbeit allein, andere brauchen die Gemeinschaft, manche arbeiten am liebsten zu Hause, andere unbedingt außerhalb des privaten Wohnraums, manche brauchen Ruhe, andere lieben Krach, manche besitzen alle Werkzeuge, die sie brauchen, andere profitieren von Ateliergemeinschaften oder Handwerkerhöfen, in denen die Werkzeuge kreisen. In Ateliers kann sich so vieles ereignen: Hier treffen sich Freunde, hier geht die Familie ein und aus, hier finden Kurse statt, hier halten Vereine ihre Sitzungen ab, hier treten Musiker oder Poeten auf, hier wird gefeiert. Aber eben doch die meiste Zeit: gearbeitet. Hier entstehen bemerkenswerte Kunstwerke aller Gattungen.
Die Bandbreite der Künstler-Arbeitsplätze lässt sich nicht nur beim Rundgang am 16. und 17. September im Original erleben, sondern spielt auch in einer Ausstellung eine Rolle, die vom 1. September bis 31. Oktober 2017 in der Geschäftsstelle des BBK Sachsen-Anhalt gezeigt wird. Der Künstler Björn Hermann präsentiert in der Reihe „BBKarium“ die Foto-Installation „Tatort Schreibtisch – Unternehmerpult oder Kunstwerk“. In seinem Konzept schreibt er:
„Der Schreibtisch ist nicht der erste Ort, der einem gemeinhin als Arbeitsplatz für den kreativen Kopf und Gestalter in den Sinn kommt; vielmehr gehen die Assoziationen hin zum Atelier mit Staffelei, die Werkstatt mit Druckpresse, Töpferscheibe, Werkbank und Brennofen. Vergessen wird oft, dass der Kunstschaffende, der belegt ist mit der klischeehaft-romantischen Vorstellung des vom Musenkuss getriebenen Sonderlings, neben der freien Arbeit im Atelier (natürlich nachts mit Wein und Musik) ein Unternehmer ist! Wie sieht also dieser Ort aus, an dem das kreative Unternehmertum selbst verwaltet wird? Es ist ein Ort für die Bearbeitung der notwendigen Anforderungen wie zum Beispiel die Buchhaltung. Es ist aber auch ein Ort der Ideen und kreativen Konzepte – hier werden Kataloge und Ausstellungsflyer gestaltet, Bewerbungen für Ausschreibungen und Stipendien verfasst, Präsentationen und Projekte geplant … ja, genauso wie dieses Projekt gerade von einem Künstler an seinem Schreibtisch entwickelt wird.“
Die Arbeit von Künstler*innen weicht zuweilen so stark von den meisten anderen Arbeitsformen in unserer Gesellschaft ab, dass sie von vielen gar nicht erst als Arbeit wahrgenommen wird. Deshalb möchte der BBK Sachsen-Anhalt das Berufsbild Künstler klarer im öffentlichen Bewusstsein verankern. Als Profis – die meisten haben an einer Kunsthochschule studiert und verfügen über vielfältige Erfahrungen in den Bereichen Kultur und Bildung – machen Künstler*innen nicht nur Kunst, sondern engagieren sich in Jurys und anderen Auswahlgremien, organisieren Wettbewerbe, Symposien, Tagungen, Ausstellungen und vieles mehr. Mancherorts vertreten sie ihren Berufsstand in Gestaltungsbeiräten und ähnlichen kommunalen Gremien. Auch in der kulturellen Bildung besitzen Künstler*innen eine wichtige Funktion. Sie vermitteln Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen aus verschiedenen sozialen Schichten, Menschen mit unterschiedlichem Bildungshorizont und mit gesundheitlichen bzw. psychischen Einschränkungen in Workshops und dauerhaften Kursen allerlei künstlerische Techniken, sie lehren das Sehen und das Reflektieren über gesellschaftliche Zustände. An Grund-, Sekundar- und Förderschulen unseres Bundeslandes sind sie gern gesehene Gäste, die das Bildungsangebot bereichern – zum Beispiel im Rahmen des BBK-Projektes „Künstlerinnen und Künstler an Schulen in Sachsen-Anhalt“, das mit Unterstützung des Ministeriums für Bildung Sachsen-Anhalt seit 1996 durchgeführt wird.
Der BBK Sachsen-Anhalt, der regional und bundesweit gut vernetzt ist, unterstützt Künstler*innen in ihrer Kernarbeit genauso wie bei ihren vermittelnden Tätigkeiten. Davon profitieren nicht nur die aktuell 250 Mitglieder, sondern alle Künstler*innen – zum Beispiel wenn es darum geht, die Beschickung von Ausstellungen mit Kunstwerken als selbstverständliche kostenpflichtige Dienstleistung in der Gesellschaft zu verankern („Ausstellungsvergütung“) oder wenn der BBK im Verbund mit dem Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulqualität (LISA) sowie dem Ministerium für Bildung einen Quereinstieg für Künstler*innen in Schulen anstößt.
Neben Künstler*innen und Designer*innen haben weitere Menschen Anteil an den Aktivitäten des Berufsverbandes – nicht nur als Besucher*innen von „Offenen Ateliers“ oder Kunstausstellungen. So machen zum Beispiel Kommunen und Landeseinrichtungen immer häufiger Gebrauch von der Expertise des BBK bei den Themen „Kunst am Bau“ oder „Künstlernachlässe“. Wenden auch Sie sich an uns, wenn Sie Unterstützung in künstlerischen Fragen benötigen oder sich in unsere Diskussionen rund um das Berufsbild Künstler einbringen möchten. Auch sind Sie herzlich zu unseren Veranstaltungen eingeladen, über die wir Sie gerne in unserem Newsletter, auf unserer Homepage und in den sozialen Medien informieren.

Kontakt
Berufsverband Bildender Künstler Sachsen-Anhalt e. V.
www.bbk-sachsenanhalt.de | info@bbk-sachsenanhalt.de