Das Soziokulturelle Zentrum ATHINA Harzgerode e. V.

Kultur- und Begegnungsstätte

Solveig Feldmeier | Ausgabe 3-2021 | Bürgerschaftliches Engagement

Gemütlichkeit  im Bürgergarten. Foto: Christoph Sündermann.
Orientalisches Buffet  auf der Terrasse. Foto: Christoph Sündermann.

Harzgerode, Königerode, Neudorf, Dankerode, Straßberg, Güntersberge, Siptenfelde, Silberhütte, Alexisbad und Mägdesprung – das sind wohlbekannte Namen für einst beliebte Urlaubsorte. In den heutigen Ortsteilen und dem Harzstädtchen, das von 1635 bis 1709 sogar Residenzstadt der Grafen von Anhalt war, mangelte es früher nicht an kulturellen Angeboten und Treffmöglichkeiten. Das hat sich zum Negativen gewandelt. Wie viele andere Orte im ländlichen Raum haben wir mit Abwanderung und Überalterung zu kämpfen. Das trifft auch die vielen bestehenden Vereine hart. Mit unserem Soziokulturellen Zentrum ATHINA wollen wir dieser Tendenz etwas entgegensetzen.

Die Oberstraße führt direkt zum Marktplatz mit dem imposanten Rathaus. Bereits im 19. Jahrhundert gab es in der Nummer 19
das Café Fahrenbruch – „Hofkonditorei und altrenommiertes Haus“. Viele Ältere erinnern sich noch gern an „Kaffee Krüger“. Damals wurde hier viel getanzt und gefeiert. In neuerer Zeit konnten griechische Speisen genossen werden. Dann stand die traditionsreiche Einkehrstätte, deren Grundmauern nach dem großen Stadtbrand von 1635 errichtet worden waren, einige Jahre leer. Im Herbst 2018 zog neues Leben ein. Das Ziel der neuen Hausbesitzer, der Kultur und Küche GbR, war es von Anfang an, den Bürgerinnen und Bürgern von Harzgerode einen öffentlichen Raum zur Verfügung zu stellen. Im Dezember 2019 wurde der Verein Soziokulturelles Zentrum ATHINA e. V. gegründet, der das ehemalige Restaurant und den Garten angemietet hat. In Kooperation mit anderen Initiativen gestalten die 15 Vereinsmitglieder einen Begegnungsort für Jung und Alt, wo lokale Traditionen der Harzregion bewahrt und Ideen für ein gutes Zusammenleben in der Zukunft gesponnen werden können.

Der Gastraum steht für kulturelle Veranstaltungen und Zusammentreffen verschiedenster Art zur Verfügung. In der Küche können regionale und internationale Köstlichkeiten für Feste gemeinsam vorbereitet werden.

Wir haben den Namen ATHINA beibehalten, weil in Griechenland die Tradition der europäischen Gesprächskultur begründet wurde und wir die Kunst der Debatte fördern wollen. Regelmäßig findet ein philosophischer Salon statt.

Die Tradition des Erzählens von Heimatgeschichten lebt in Harzgerode fort. Wir bieten Raum für das monatlich stattfindende Erzählcafè. Dabei kooperieren wir mit dem Kultur- und Heimatbund Harzgerode e. V. So fanden im vergangenen Jahr Zusammenkünfte zu Heimatthemen wie:„Der Brocken“ und „Unser schönes Selketal“ oder „Heinrich Heine im Harz“ statt. Neben den Vorträgen von kompetenten Heimatkennern gibt es literarisch-musikalische Darbietungen. Unsere älteren Besucherinnen kommen bei Kaffee und Kuchen schnell ins Plaudern und die Jüngeren erfahren Inte­ressantes über die Geschichte von Harzgerode und Umgebung.

Die älteren Gäste wünschen sich sehr, dass sie hier in Kontakt mit der Jugend kommen können. Leider war das auf Grund der Corona-Maßnahmen bisher unmöglich. Wir haben aber in diesem Sommer mit einem Bürgergartenprojekt begonnen. Unser zum Grundstück gehörender Garten ist von der Braugasse, die direkt an der alten Stadtmauer entlang führt, zu erreichen und nach ihr benannt. Hier werden demnächst Begegnungen und Veranstaltungen an der frischen Luft möglich sein.

Wir planen für die Zukunft, dass ältere Menschen ihr Wissen über Gartenbau und regionale, saisonale Kost an Kinder und Jugendliche weitergeben können. Ein gemeinsames Gärtnern von Jung und Alt im Bürgergarten Braugasse ist unsere Vision. Und auch die Verwertung der Ernte kann in Gemeinschaft geschehen. Marmelade kochen, Gurken einlegen, Kuchen backen, Gemüsesuppe kochen – es gibt viel Wissen an die junge Generation weiterzugeben. Dieses Vorhaben gehört in den Bereich Lernwerkstatt, die wir aufbauen. Wir wollen Volkshochschulkurse anbieten, aber auch Nachhilfe für Schülerinnen und Schüler.

Im vergangenen Frühjahr haben wir mit Unterstützung des Bürgermeisters von Harzgerode ein Projekt für Jugendliche ini­tiiert, das durch Corona leider unterbrochen wurde. Es trägt den Namen „An die Zukunft“ und führt verschiedene Akteure unseres Ortes mit Jugendlichen zusammen. Unser Ziel ist es, junge Menschen für das Mitgestalten ihrer Heimatorte zu gewinnen und sie dadurch zum Hierbleiben zu bewegen. Anregung dazu bekamen wir durch eine Mitmach-Ausstellung im Museum Gleimhaus – Museum Deutsche Aufklärung. Dort wurde in dieser Form der 300. Geburtstag des Namensgebers begangen.

Unser Soziokulturelles Zentrum lebt vom Mitmachen und Mitgestalten, also vom ehrenamtlichen Engagement. Wir freuen uns, dass Menschen mit neuen Ideen an uns herantreten. So konnten wir eine Yoga-Gruppe gründen und die Friseurmeisterin vom Salon nebenan organisierte einen Pilates-Kurs für ihre Kolleginnen und weitere Interessierte.

Auch die Schachbegeisterten treffen sich wöchentlich im ATHINA, um ihren Denksport zu betreiben. Die neu gegründete Genossenschaft HarzCoop eG i. Gr. ist an uns herangetreten, um die Idee eines Regionalwarenladens für Harzgerode zu entwickeln.

Mit dem Gemeinschaftsprojekt im Baudenkmal „Alte Heilstätte“ in der Freien Feldlage Harzgerode arbeiten wir ebenfalls zusammen. Hier bauen junge Leute einen Bildungsort für eine nach­haltige Zukunft auf und bewahren das im Stil des Neuen Bauens von Godehard Schwethelm errichtete Erbe.

Unser Verein ist noch sehr jung und Corona hat uns einen ordentlichen Strich durch die Rechnung gemacht, auch und gerade finanziell. Dennoch haben wir schon viel erreicht und blicken optimistisch in die Zukunft.

In kurzer Zeit sind wir eingebunden worden in ein breites Netzwerk von Vereinen in unserer Umgebung und haben überall wunderbare engagierte Menschen kennengelernt, auch wenn es erstmal nur über Videokonferenz war. Uns liegt die Kooperation sehr am Herzen. Es ist wichtig, dass nicht jeder für sich alleine „wurschtelt“. Wir können von den Erfahrungen anderer profitieren und gemeinsam Neues auf den Weg bringen. Viel Bestärkung haben wir vom Landesheimatbund erfahren, in dessen Kulturerbenetz wir aufgenommen wurden.

 

Wir freuen uns auf den Sommer im Garten und viele schöne lebendige Begegnungen. Unser Gartenprojekt wurde schnell und unkompliziert durch den Mikrokulturfonds Sachsen-Anhalt gefördert.

www.sz-athina.de