Bildung für nachhaltige Entwicklung im Naturpark Unteres Saaletal

Der Einsatz der Naturpark-Entdecker-Westen

von Oliver Arndt | Ausgabe 1-2019 | Kulturlandschaft

Kinder der Tagesgruppe „Arche Noah“ an der ehemaligen Tongrube bei Gröna; Foto: O. Arndt
Entdecker-Westen-Exkursion im Ostrauer Schlosspark; Foto: O. Arndt
Entdecker-Westen-Exkursion Bernburg; Foto: O. Arndt

Das Interesse an der Natur zu wecken, ist ein wichtiges Anliegen der Naturparke. Dabei spielt die Umweltbildung eine große Rolle. Besonders für Kinder im Vor- und Grundschulalter ist das individuelle Erleben und Entdecken der Natur ein wichtiges Element der Erkenntnisgewinnung. Dies kann auf verschiedene Arten im Rahmen von Schüler-Projekttagen oder naturkundlicher Exkursionen unterstützt werden.

Mit den vom VDN (Verband deutscher Naturparke) entwickelten „Entdecker-Westen“ steht ein neues Angebot zur Verfügung, dass für unterschiedliche Zielgruppen eingesetzt werden kann. Die Entdecker-Westen unterstützen das selbstständige Entdecken und Lernen in Natur und Landschaft. In diesem Sinne erhält der Satz „Nur was wir kennen, können wir schätzen und schützen“ für die heranwachsende Generation große Bedeutung.

Die Ausrüstung ist besonders für Kinder im Vor- und Grundschulalter geeignet, um die vielfältige Landschaft des Naturparks mit ihren interessanten Biotopstrukturen zu erschließen. Die Kinder können eigenständig oder angeleitet auf Entdeckungsreise gehen. Da jeder Teilnehmer einen eigenen Satz Exkursionsmaterialien zur Hand hat, kann jeder sein individuelles Tempo und Thema finden.

Der Inhalt der Westen stellt eine Grundausrüstung dar, die je nach Bedarf variiert werden kann. Der Kompass fördert durch die Schulung des topographischen Denkens die Orientierung in der Landschaft. In Kombination mit Karten oder Luftbildern erhalten die Teilnehmer der Exkursion so grundsätzliche Informationen zur Topographie des Geländes. Mit Hand- und Becherlupe werden interessante Objekte in einem definierten Abstand fixiert und können ohne Zeitdruck beobachtet werden. Die in den Deckel des Bechers integrierte Lupe ermöglicht eine 4-fach vergrößerte Beobachtung von Details. Mit der Bestimmungshilfe „Bäume und Sträucher“ wird das grundsätzliche Interesse an Artenkenntnissen angesprochen und es den Teilnehmern ermöglicht, Objekte zu benennen.

Der Naturpark Unteres Saaletal hat eine größere Anzahl dieser Entdecker-Westen erworben und nutzt sie bereits seit mehreren Jahren im Rahmen der Umweltbildung. Im Jahr 2018 kamen sie im Gebiet des Naturparks und seinem näheren Umfeld besonders oft zum Einsatz, wie die folgenden Beispiele zeigen.

Zur Unterstützung lokaler Umweltbildungsaktivitäten im südlichen Naturparkgebiet ist ein Naturpark-Mitarbeiter regelmäßig an der Durchführung der Schulprojekttage im Landwirtschafts- und Heimatmuseum Zappendorf beteiligt, die im Zeitraum zwischen März und Oktober durchgeführt werden. Dieses Angebot wird von Schulklassen aus Schulen der Umgebung und besonders der Stadt Halle gern genutzt. Die teilnehmenden Schüler der Grundschulklassen können hier neben den Tätigkeiten der historischen Haus- und Landwirtschaft mit den Naturpark-Entdecker-Westen Natur und Landschaft entdecken. Diese aktive Naturerkundung stellt für die Kinder eine willkommene Abwechslung im Schulalltag dar und festigt während des Unterrichts bereits erworbenes Wissen.

Auch die Durchführung naturkundlicher Exkursionen ist ein wichtiges Thema im Naturpark Unteres Saaletal. Im April wurde eine Kindergartengruppe der Kita „Nesthäkchen“ aus Bernburg im Rahmen einer solchen Entdecker-Westen-Exkursion in das Auengebiet südlich der Stadt geführt. Die abwechslungsreiche Landschaft der Saaleaue vor den Toren Bernburgs bietet eine Vielzahl an interessanten Naturobjekten. Bäume, Sträucher und Kräuter des Auenwaldes, Insekten an Blüten und im Totholz abgestorbener Bäume und die zahlreichen Vögel, die den Uferbereich und die offenen Wasserflächen als Lebensraum nutzen, beeindruckten die kleinen Exkursionsteilnehmer. Ausgestattet mit den Naturpark-Entdecker-Westen konnten die Kinder viel Interessantes am Wegesrand entdecken wie z.B. gelbe Anemonen, Taubnesseln oder Ölkäfer. Die Kinder waren so begeistert, dass sie ihre Beobachtungen im Anschluss an die Exkursion im Kindergarten fortsetzen wollten.

Die große Bedeutung der Bildung für nachhaltige Entwicklung wird besonders deutlich im Rahmen der Umweltbildungsarbeit, die in Schulen geleistet wird. Auf Anregung des Vereins Schloss Ostrau e.V. führte ein Mitarbeiter des Naturparks Unteres Saaletal für die Grundschule in Ostrau im Spätsommer Exkursionen für die dortigen Schulklassen im landschaftlich reizvollen Schlosspark durch. Die Vielfalt an einheimischen als auch exotischen Pflanzen auf engstem Raum und der damit verbundenen reichhaltigen Fauna ermöglichte den Kindern ein intensives Erkunden der zahlreichen Naturobjekte.

Die Entdecker-Westen-Exkursionen wurden zu unterschiedlichen Terminen, getrennt für die jeweiligen Klassenverbände, durchgeführt. Dabei war es besonders wichtig, auf die spezifischen Bedürfnisse und Fertigkeiten einzugehen, die in den einzelnen Schuljahrgängen von der ersten bis zur vierten Klasse recht unterschiedlich ausgeprägt sind. Das eigenständige Erkunden und Erleben der Natur, verbunden mit körperlicher Bewegung, war hierbei nicht weniger wichtig wie das Hinweisen auf Interessantes oder das Erklären von Zusammenhängen.

Die Exkursion bot auch Anregungen für die Lehrer, die insbesondere im Sachkundeunterricht Anwendung finden können. Deutlich wurde, dass der sich in unmittelbarer Nähe des Schulgebäudes befindliche Schlosspark hervorragende Bedingungen bietet, das Wissen zu Natur und Heimat zu vertiefen. Dieses große Potential, eine Besonderheit der Schule in Ostrau, sollte in Zukunft noch besser genutzt werden.

Im Oktober fand eine vom Naturpark geführte Wanderung mit Kindern der Tagesgruppe „Arche Noah“ der St. Johannis GmbH in Bernburg statt. In der betreffenden Tagesgruppe wird Hilfe zur Erziehung für Kinder mit spezifischen Bedürfnissen geleistet. Die an der Wanderung teilnehmenden Schüler der ersten bis sechsten Klasse fanden in der naturnahen Umgebung des Wandergebietes südlich von Bernburg sehr schnell die nötige Konzentration. Alle Teilnehmer zeigten ein großes Interesse an Natur und Landschaft und verwendeten ausgiebig die Ausrüstungsgegenstände der Entdecker-Westen. Auch das Exkursionsziel, die ehemalige Tongrube der alten Ziegelei Gröna, mit Steilufer und ausgedehnter Wasserfläche, beeindruckte die Kinder. Diese Exkursion zeigte, dass der Einsatz der Entdecker-Westen auch für etwas ältere Schüler und Kinder mit besonderen Ansprüchen geeignet ist.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Einsatz der Entdecker-Westen einerseits die Naturparkarbeit direkt unterstützt, andererseits aber darüber hinaus auch die Kooperation mit den Partnern bzw. die Vernetzung der Akteure mit Umweltbildungsauftrag fördert.

Besonders hervorzuheben ist, dass sich aus der Arbeit mit den Westen neue Möglichkeiten ergeben, die eine methodische Bereicherung im Rahmen der Umweltbildungsarbeit darstellen. Durch den Einsatz der Westen kann bei den Anwendern die Motivation gesteigert und vorliegende Defizite bezüglich der individuellen Fähigkeiten der Wissensaneignung ausgeglichen werden. Der Ansatz des Erlebens und Entdeckens der Natur schafft eine entspannte Lernatmosphäre und fördert Kreativität und Eigenständigkeit und letztlich die Stärkung der Persönlichkeit der Heranwachsenden. Die Entwicklung eines Interesses an Naturobjekten und -prozessen verbunden mit einem Verantwortungsbewusstsein bezüglich der Erhaltung und des Schutzes von Natur und Landschaft wird somit nachhaltig gefördert.