Carl Loewe und seine Chöre

Die 8. Carl-Loewe-Festtage in Wettin-Löbejün 5. bis 10. Oktober 2021

Andreas Porsche | Ausgabe 2-2021

Stadtsingechor zu Halle 2019 vor der Stadtkirche St. Petri in Löbejün. Foto: © ICLG
Carl-Loewe-Denkmal in Löbejün. Foto: © ICLG
Nobiles Leipzig. Foto: Christian Wolf
Marek Jagusch - Übergabe Loewe Porträt Januar 2020. Foto: © ICLG

Auch unter den sicher noch weiter bestehenden Corona-bedingten Einschränkungen bereiten wir die nächsten Carl-Loewe-Festtage vor, wenn auch mit einigen Abstrichen. Wir sind der Meinung, dass solche kulturellen Angebote gerade in dieser Zeit für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und das Wohlbefinden der Bürger*innen unbedingt zu erhalten sind.

Das Jahr 2021 ist wieder ein besonderes Jahr in der Carl-Loewe-Erbe-Pflege, denn am 30. November 2021 wäre der Komponist 225 Jahre alt geworden und am 16. September 1821 (vor 200 Jahren) hat er seine Braut Julie von Jakob in Halle (Saale) geheiratet. Sie war die Tochter des halleschen Staatswissenschaftlers, Philosophen, Ökonomen, Schriftstellers und Kanzlers der Universität Halle und Mitbegründers der Saalesparkasse, Prof. Dr. Ludwig Heinrich von Jakob, der 1759 in Wettin geboren wurde.

Liebhaber Loewescher Musik wissen diese besonderen Höhepunkte der Loewe-Erbepflege zu schätzen und nutzen sie als Chance, sich auf eine interessante und abwechslungsreiche musikalische Entdeckungsreise durch das Œuvre des Komponisten zu begeben. Auch in diesem Jahr stehen sie unter der Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten des Landes Sachsen-Anhalt. Mit Konzerten, Gesprächsrunden, Ausstellungen und Sonderführungen durch das Carl-Loewe-Museum, einem völlig neu gestalteten Stadtrundgang, Schüler-Projekten sowie einem Fest-Gottesdienst zum Abschluss halten sie ein interessantes und abwechslungs­reiches Angebot Musikinteressierte aus nah und fern bereit.

Zu Carl Loewes Vielseitigkeit als Komponist zählen neben seinem Hauptwerk, den Liedern und Balladen sowie neben den Oratorien, Sinfonien, Klavierkonzerten, Kammermusikwerken etc. insbesondere seine Chorwerke, die sich in weltliche und geistliche unterteilen lassen und bisher zu Unrecht völlig unerforscht geblieben sind. Er äußerte über sich selbst einmal: „Dass manche meiner Balladen vergessen wird, tut mir nicht leid; dass aber meine schönen Chöre so unbekannt bleiben, schmerzt mich“.

Schon 1907 beklagte Leopold Hirschberg (1867 – 1929), Musik­schriftsteller und Herausgeber mehrerer Schriften zu Loewes Werken, dass man sich Loewes Chor-Kompositionen mühsam bei allen möglichen Verlegern zusammensuchen muss. Ein geschlossenes Kompendium seiner Chorwerke gibt es bis heute nicht. Diese schmerzliche Lücke in der Chorliteratur der Romantik soll zu den 8. Carl-Loewe-Festtagen geschlossen werden.

Das umfangreiche Programm der diesjährigen Festtage bietet für jeden Interessenten einen besonderen Höhepunkt. Seit vielen Jahrzehnten widmet sich ein zeitgenössischer bildender Künstler erstmals wieder der Persönlichkeit und dem Werk des Komponisten. Marek Jagusch, Maler, Grafiker und Bildhauer aus Halle, hat sich intensiv mit dem Leben und Schaffen Loewes auseinandergesetzt. Zum Neujahrsempfang 2020 schenkte er der Internationalen Carl Loewe Gesellschaft (ICLG) ein auf Nussbaumholz gemaltes Porträt des Komponisten, das nun im Carl-Loewe-Museum im Ausstellungsraum 1 zu sehen ist. Geplant sind weitere Grafiken, Gemälde und plastische Arbeiten, die in einer Sonderausstellung aus Anlass der Eröffnung der 8. Carl-Loewe-Festtage am Dienstag, den 5. Oktober 2021, im Carl-Loewe-Haus gezeigt werden. Auch nach den Festtagen kann die Ausstellung während der Öffnungszeiten des Museums oder für Gruppen nach Terminvereinbarung besichtigt werden. Damit gewinnt das Museum zusätzlich an Attraktivität und Aufmerksamkeit bei Liebhabern der Musik, aber auch der bildenden Künste.

 

Ein Vortrag unter dem Titel „Sind doch Liebe und Musik die beiden Flügel der Seele…“, gehalten von der Musikwissenschaftlerin Karin Zauft, steht am Mittwochabend, dem 6. Oktober 2021, auf dem Programm. Er stellt Vergnügliches und Erhabenes einer 200 Jahre alten denkwürdigen Vermählung im Herzen der Saalestadt zwischen dem jungen Musiker und Julie von Jakob in den Mittelpunkt: ein sich innig liebendes junges Paar, ein wachsamer, auf ökonomische Solidität bedachter Vater und schließlich ein jubelndes Happy End.

Das Geschehen um die am 16. September 1821 gefeierte Hochzeit von Carl Loewe gleicht einem reizvollen Opernsujet mit seinen Freuden und Tränen, mit seinen Konflikten und mit seinen reichhaltig musikalisch dargestellten Emotionen. Der Schauplatz: die ehrwürdige alte Saalestadt zur Zeit der frühen Romantik mit ihren prägenden Franckeschen Stiftungen, der bedeutenden Universität, mit dem Giebichenstein u.v.a.m. Die handelnden Personen: namhafte beeindruckende Persönlichkeiten wie der weltgereiste universal gebildete Heinrich von Jakob, Gustav Adolf Keferstein, Mitglied einer bekannten halleschen Industriellen-Familie, Johann Friedrich Reichardt, Johann Wolfgang von Goethe u .v. a. m.

All dies hinterließ einen reichen Fundus an Bildern, Dokumenten und natürlich an beeindruckender Musik. In Wort, Bild und Musik – teils in historisch einzigartigen Aufnahmen – will der Vortrag der in Halle gebürtigen Musikwissenschaftlerin diese wunderbare Geschichte unserer Stadt dem Publikum nahebringen, und dabei einmal mehr das Leben und Wirken von Carl Loewe anschaulich und emotional in den Fokus des Publikumsinteresses rücken.

Die Stadt Wettin-Löbejün begeht 2021 ihr 10 jähriges Bestehen als vereinte Stadt. Daher ist es folgerichtig, auch eine der Veranstaltungen der 8. Carl-Loewe-Festtage in Wettin stattfinden zu lassen. Das Konzert der Kreismusikschule „Carl Loewe“ in der Nikolai-Kirche in Wettin am Donnerstag, den 7. Oktober 2021, trägt den Titel:  „…doch meiner Leier Saiten ertönen nur vom Amor“. Die Kreismusikschule trägt seit 1997 seinen Namen und fühlt sich seit dieser Zeit der Loewe-Erbepflege mit und für Kinder und Jugendliche in besonderer Weise verpflichtet. Neben Bearbeitungen und Arrangements von Loewe-Werken, insbesondere seiner Kinderlieder, durch die Lehrer*innen der Musikschule, werden in den jährlich stattfindenden Loewe-Schülerkonzerten Schüler*innen aller Altersgruppen einbezogen und mit der Musik Loewes vertraut gemacht. Das entstandene Notenmaterial ist auf der Website der Musikschule veröffentlicht und kann dadurch nachhaltig weiter genutzt werden. Zu Gehör kommen aber auch Originalwerke, je nach Schwierigkeitsgrad und Entwicklungsstufe der Kinder und Jugendlichen.

 

Der Freitag, der 8. Oktober 2021, beginnt mit einer Gesprächsrunde im Carl-Loewe-Haus zu Loewes Männerchorschaffen. Die renommierten Musikwissenschaftler Prof Dr. Friedhelm Brusniak von der Universität Würzburg, Dr. Burkhard Sauerwald von der Universität Dortmund und Dr. Franz Josef Ratte von der Diözesanbibliothek Münster stellen ihre Erkenntnisse zu diesem Thema vor.

Ganz dem Motto der 8. Carl-Loewe-Festtage verpflichtend werden zum a capella-Konzert mit dem Vokalensemble NOBILES ebenfalls am Freitag in der Stadtkirche St. Petri in Löbejün zum Teil neu entdeckte weltliche und geistliche a capella-Chöre erklingen.

 

Der Musikalische Höhepunkt der 8. Carl-Loewe-Festtage ist das Festkonzert am Samstag, den 9. Oktober mit den Hallenser Madrigalisten und der Kammerakademie Halle unter Leitung von Tobias Löbner. Das Festkonzert ist gekennzeichnet durch „Ausgrabungen“ und Wiederentdeckungen bisher selten aufgeführter und zu Unrecht vergessener chorsinfonischer Werke sowie besonderer a-cappella-Werke für gemischten Chor Loewes, die eine andere wichtige Facette des als Balladenkomponisten in die Musikgeschichte eingegangenen Tondichters beleuchten. Damit wird nicht zuletzt die oftmals heute zu wenig beachtete außerordentliche Vielseitigkeit des Komponisten und seine Bedeutung nicht nur für die Musikgeschichte, sondern insbesondere für das gegenwärtige Musik- und Chorleben des Landes gewürdigt.

Erklingen werden dabei u.a. die Chorballade „Die Walpurgisnacht“ op. 25 nach Texten von J. W. v. Goethe und die Kantate „Die Hochzeit der Thetis“ op. 120a nach Texten von F. Schiller, die bei Loewe als mögliche musikalische Gattungsbindeglieder zwischen Solo-Ballade und Oratorium gelten können. Darüber hinaus steht als Rarität die nahezu unbekannte und bisher ungedruckte Kantate ohne Opuszahl für gemischten Chor und Orchester „Miserere“ aus dem Jahr 1840 auf dem Programm.

Alle chorsinfonischen Werke sind Erstaufführungen seit Loewes Lebzeiten vor über 150 Jahren und es existieren bisher davon auch in den Archiven weltweit keinerlei Tondokumente. Darüber hinaus musste im Vorfeld für alle Werke das zum Teil autographe Notenmaterial bearbeitet, neu eingerichtet und daraus aktuelles Aufführungsmaterial erstellt werden. Auch dies ist ein wichtiger Beitrag zur Bereicherung der aktuellen Chorliteratur!

 

Die 8. Carl-Loewe-Festtage klingen am Sonntag, den 10. Oktober 2021 mit einem musikalischen Fest-Gottesdienst in der Löbejüner Stadtkirche St. Petri aus. Die musikalische Begleitung übernimmt der Stadtsingechor zu Halle unter der Leitung von Clemens Flämig. Die ICLG kann in ihrer Carl-Loewe-Erbe-Pflege auf eine kontinuierliche Verbindung zum Hallenser Stadtsingechor verweisen, dessen Wurzeln bis in das Jahr 1116 zurück reichen. Loewe selbst war langjähriges Chormitglied und so einer der berühmtesten Absolventen des Knabenchores. Vielleicht hat er in diesem Ensemble auch seine besondere Liebe zur Chormusik entdeckt und gepflegt, der er dann in seinem eigenen kompositorischen Schaffen Ausdruck verlieh.

Wir freuen uns auf interessante und abwechslungsreiche Carl-Loewe-Festtage im Oktober 2021. Sie sind herzlich eingeladen! Eventuelle Aktualisierungen finden Sie auf unserer Webseite www.carl-loewe-gesellschaft.de.