Das Kulturerbe-Netz als verknüpfendes Element in Sachsen-Anhalt

Steffen Amme | Ausgabe 3-2020 | Bürgerschaftliches Engagement

Blick durch die Kirche mit dem neuen Zentralleuchter, gebaut nach historischen Vorlagen. Foto: Matthias Behne; laut wieleise Halle.
Blick auf die neu eingezogene Empore für die geplante Lesestube. Foto: Matthias Behne; laut wieleise Halle.
Neben einer Lesestube soll auf der Empore in der Wilslebener Kirche auch eine "Kulturstube" entstehen. Foto: Matthias Behne; laut wieleise Halle.
Kirche Wilsleben. Foto: Matthias Behne; laut wieleise Halle.
Foto: Matthias Behne; laut wieleise Halle.
Foto: Matthias Behne; laut wieleise Halle.
Steffen Amme aus Wilsleben holt bei Prof. Bernd Reuter eine Elsbeere ab. Foto: S. Amme

Kulturgut ist im allgemeinen Sprachgebrauch laut Duden: „etwas, was als kultureller Wert Bestand hat und bewahrt wird“. Die Gesamtheit der Kulturgüter wird demnach als Kulturerbe bezeichnet und stellt ein verknüpfendes Element dar, so auch in Sachsen-Anhalt. Die Kulturschätze machen unser Bundesland lebens- und liebenswert, sie machen es zu unserer Heimat. Gemeinden, Kirchen, Vereine und Institutionen haben in den vergangenen Jahren viel Engagement gezeigt, um unser Kulturgut zu erhalten. Doch ist es vielerorts in Gefahr. Denn wo Mittel und Möglichkeiten fehlen, geht es verloren. Das Kulturerbe-Netz Sachsen-Anhalt möchte dieses Kulturgut erhalten. Es arbeitet eng mit den Menschen vor Ort zusammen, so auch mit dem Förderverein zur Erhaltung und Nutzung der Dorfkirche zu Wilsleben e. V.

„Die Kirche soll im Dorf bleiben“, war die Aussage der Anwesenden bei einem Treffen der ortsansässigen Vereine in Wilsleben 2008. Um diese Forderung umzusetzen, muss die denkmalgeschützte Kirche erhalten bleiben. Dies ist bei den inzwischen notwendigen Reparaturarbeiten ein so großes Vorhaben geworden, dass es die Kirchengemeinde nicht mehr allein bewältigen kann. Deshalb gründete sich am 15. Oktober 2014 der Förderverein zur Erhaltung und Nutzung der Dorfkirche. In Abstimmung mit der Evangelischen Kirchengemeinde und dem Gemeindekirchenrat unterstützt der Förderverein notwendige Baumaßnahmen an und in der Kirche. Kulturgüter wirken identitätsstiftend – wie die ortsbildprägende Dorfkirche in Wilsleben. Das ist von essentieller Bedeutung!

Den ersten Kontakt zum Landesheimatbund Sachsen-An­halt e. V. gab es 2018, als Wilsleben Kreissieger des Salzlandkreises im 10. Landeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ wurde. Der LHB stellte sein Angebot des Kulturerbe-Netzes vor, das sich an Vereine, die sich als Bewahrer des kulturellen Erbes ihrer Heimat verstehen, richtet. So wurde der Förderverein zur Erhaltung und Nutzung der Dorfkirche zu Wilsleben e. V. aktives Mitglied im Landesheimatbund und profitiert seitdem von den regelmäßigen Netzwerktreffen und einem intensiven Erfahrungsaustausch.

Es wurde eine Plattform für den gemeinsamen Erfahrungsaustausch geschaffen, welche uns als Ortschaft und den ortsansässigen Vereinen die Möglichkeit bietet, überregionale Synergien zu nutzen, weitere Projekte zu initiieren oder sich themenbezogen zu vernetzen. Darüber hinaus ergeben sich positive Effekte hinsichtlich der Akquise von Fördermitteln sowie der Öffentlichkeitsarbeit.

Zur Auftaktveranstaltung des Kulturerbe-Netzes in Reesen sprachen sich die anwesenden Vereine und Organisationen bei einer Umfrage zu bestimmten Schwerpunkten aus, die in Folgeveranstaltungen thematisiert werden sollen. Darunter befanden sich Themen wie: Dorfladen, Lesestube, Heimatmuseen oder Bürgerhäuser. Im August 2019 organisierte das Netzwerk ein Bündnistreffen in Wilsleben zum Thema „Dorfgemeinschaftshaus – nachhaltige Konzepte entwickeln“, welches von Vertretern vieler Ortschaften aus der Region besucht wurde. Dorfgemeinschaftshäuser sind oft das Herzstück eines Ortes. Hier kommen Bürger zu kulturellen oder politischen Veranstaltungen zusammen. Es ergab sich eine rege Diskussion, wie lebendige Treffpunkte entstehen oder es gelingt, ein Bürgerhaus für alle Generationen und sozialen Gruppen in der Gemeinde umzusetzen. Durch den intensiven Austausch mit den anwesenden Akteuren wurde nicht nur erlangtes Wissen weitergegeben, sondern auch Impulse gesetzt.

Ziel ist es, dass sich die beteiligten Netzwerkpartner zu bestimmten Themen austauschen. So fand beispielsweise im Januar 2020 ein Workshop in Mehringen (Stadt Aschersleben) zur Sanierung und Nutzung des Pfarrhauses und der Nebengebäude statt. Zu dieser Veranstaltung waren auch Mitglieder des Fördervereins aus Wilsleben eingeladen, um über ihre Erfahrungen zu berichten und Ideen für eine mögliche Umsetzung einzubringen. Hier zeigte sich einmal mehr die Wichtigkeit des Netzwerkes zur regionalen Verknüpfung.

Die Ortschaft Wilsleben und der Förderverein zur Erhaltung und Nutzung der Dorfkirche zu Wilsleben e. V. beteiligte sich 2018 auch an der Aktion „Pflanzt Bäume!“ des Landesheimatbundes und pflanzte auf dem Kirchhof einen Bergahorn (Acer pseudoplatanus) zum Erhalt der dortigen Allee. Zur Baumpflanzung konnten wir Prof. Bernd Reuter begrüßen, den wir im Folgejahr zu einer Lesung aus seinem Buch „Bäume in der Kulturlandschaft“ einluden und mit ihm gemeinsam im Rahmen der Lesung eine Elsbeere (Sorbus torminalis) pflanzten. Somit wirkt sich die aktive Beteiligung am Netzwerk nicht nur positiv auf die denkmalgeschützte Baukultur im Ort aus, sondern auch auf unsere Kulturlandschaft.

Persönlich sehe ich mich als kommunaler Akteur und ehrenamtlich engagierter Bürger, als regionalen Multiplikator des Netzwerkes und als „Mutmacher“ für andere Vereine, sich für das kulturelle Erbe im ländlichen Raum zu engagieren. Als Mitglied der LEADER Aktionsgruppe Aschersleben-Seeland und des Kultur­erbe-Netzes Sachsen-Anhalt möchte ich, dass die Bewahrung und Weiterentwicklung des kulturellen Erbes unsere Dorfentwicklung voranbringt.