20 Jahre Gartenträume Sachsen-Anhalt
Gartendenkmalpflege, Gartentourismus, Lebensqualität
Felicitas Remmert | Ausgabe 1-2020
Der Beginn vor 20 Jahren
Die Bundesgartenschau Magdeburg im Jahr 1999 war ein Riesenerfolg. Über zwei Millionen Besucherinnen und Besucher kamen in die Landeshauptstadt, um die erste BUGA Sachsen-Anhalts zu erleben. Die Idee, den gartenhistorischen Schatz des Landes in Verbindung mit einer touristischen Vermarktung zu heben, nahm Gestalt an. Initiiert durch die Landesregierung, federführend vertreten durch das Wirtschafts- und das Kultusministerium, fachlich unterstützt durch das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie sowie die Landesmarketing-Gesellschaft wurde im Jahr 2000 eine Auswahl historisch bedeutsamer Gärten und Parks getroffen, die alle historischen Landstriche Sachsen-Anhalts, die Geschichte der Gartenkunst sowie die typologische Vielfalt der Gartendenkmale widerspiegeln. Damit wurde die Grundlage für das Landesprojekt „Gartenträume – Historische Parks in Sachsen-Anhalt“ gelegt. Beginnend mit 40 Anlagen im Jahr 2000 gehören heute 50 Parks und Gärten zum Gartenträume-Verbund.
Die Erstellung von denkmalpflegerischen Rahmenkonzeptionen und die Akquirierung von Fördermitteln zur denkmalgerechten Sanierung sowie zum Aufbau einer touristischen Infrastruktur in den Parkanlagen gehörten zu den Hauptaufgaben in den ersten Jahren nach Gründung der Initiative. Die Finanzierung der Maßnahmen erfolgt(e) durch Projektförderungen des Landes, durch Mittel aus bestehenden Landes-, Bundes- und EU-Förderrichtlinien, durch Gelder von verschiedenen Stiftungen, Spendern und Sponsoren sowie durch den Einsatz von Eigenmitteln der Parkeigentümer. Ganz individuell musste für jeden Park nach Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten gesucht werden.
Der Landesheimatbund Sachsen-Anhalt e. V. war maßgeblich am Aufbau des Projektes Gartenträume beteiligt. Als Projektträger der Anfangsjahre übernahm er organisatorische und koordinierende Aufgaben. Dazu gehörte auch die Beantragung und Verwaltung von Fördermitteln für die Erstellung der erwähnten wichtigen denkmalpflegerischen Zielstellungen. Im Jahr 2003 wurde der Verein „Gartenträume – Historische Parks in Sachsen-Anhalt e. V.“ gegründet. Er ist Repräsentant und Interessensvertreter der Parks und kümmert sich um die Umsetzung, Weiterentwicklung und nachhaltige Sicherung des Netzwerks. Öffentlichkeits-, Lobby- und Vermittlungsarbeit, Beratung und Vernetzung gehören zu seinen Hauptaufgaben.
Die Parks blühen auf und heißen ihre Gäste willkommen
Neben der Wiederherstellung, dem Erhalt und der Pflege der gärtnerischen und baulichen Kulturdenkmale galt und gilt es, den Besucherinnen und Besuchern eine attraktive touristische Infrastruktur – z.B. Parkplätze, Informationstafeln, Übernachtungsmöglichkeiten oder Cafés und Restaurants – anzubieten. Eine Vielzahl an Projekten wurde im Rahmen der Gartenträume in diesem Sinne umgesetzt. Oft wurde die Sanierung von historischen Gebäuden mit der touristischen Nutzung verknüpft. Hierzu gehört das Steinkabinett im Schlosspark Krumke bei Osterburg. Nach der erfolgreichen Sanierung wurde das Gebäude zunächst als Souvenirladen und dann als Außenstelle der Stadtbibliothek Osterburg genutzt. Ganz unkompliziert kann man sich hier ein Buch ausleihen und im Schatten alter Bäume oder umgeben von blühenden Rhododendronsträuchern lesen. Auch das einstige Kavaliershaus am Eingang des Parks steht den Gästen offen. Annegret Spillner betreibt hier ein stilvolles Kultur-Café. Vor acht Jahren, als junge Frau Anfang 20, die aus Leidenschaft Torten bäckt und liebend gern Gastgeberin ist, war Annegret Spillner so etwas wie eine Exotin in Krumke, gleich dem seltenen Baumbewuchs im Park. Im traumhaften Duo sind das Café und der 400 Jahre alte Schlosspark inzwischen eine weithin bekannte Besucherattraktion.
Auch was sich im Bereich der Kulturveranstaltungen und -angebote in den Gartenträume-Anlagen seit 2000 entwickelt hat, ist beeindruckend. Es finden jährlich mehrere hundert Veranstaltungen in den Gärten und ihren Gebäuden statt. Parkführungen, oft auch Spezialthemenführungen oder Führungen mit historischen Persönlichkeiten, gehören mittlerweile zum Standard.
Zu ganz besonderen Angeboten und Erlebnissen gehört das Übernachten direkt im Park. Beim Aufwachen dem Gesang der Vögel lauschen, ungestört fernab des Trubels frühstücken, in der Natur zu Hause sein – und all das in der authentischen Atmosphäre eines historischen Gebäudes – das ist heute z.B. im Prinzessinnenturm in Blankenburg (Harz), im Elbpavillon im Georgengarten in Dessau oder im Piemonteser Bauernhaus in Wörlitz möglich.
Gartenträume sind für alle da
Parks und Gärten stehen für Erholung, Natur, Kultur, Inspiration, Kreativität, Begegnung und Gesundheit. Mit einem Wort: Lebensqualität. Nicht nur Gäste von außerhalb, auch die Bewohnerinnen und Bewohner des Landes haben mehr und mehr entdeckt, was die Gartenträume-Parks zu bieten haben. Ob verliebte Pärchen, junge Familien, Schulklassen, Gartenbegeisterte, Musikliebhaber, Natur-Fans, Künstler oder Gesundheitsbewusste: alle finden passende Orte und Angebote im Grünen.
Eine besondere Rolle beim Erhalt, der Bewirtschaftung und der kulturellen Nutzung der Gartenkunstwerke spielt bürgerschaftliches Engagement. Rund 30 Vereine sind in den 50 Gartenträume-Anlagen aktiv. Viele davon haben sich erst in den letzten 20 Jahren gegründet. Und auch unabhängig von einer Vereinsmitgliedschaft kann man sich einbringen. Zum Beispiel im Schlosspark Moritzburg in Zeitz. Hier wird die Pflege zahlreicher Beet- und Rasenflächen von sogenannten „Pflegepaten“ erbracht. Das ist einmalig in Sachsen-Anhalt. Momentan gibt es 17 aktive Pflegepatenschaften im Schlosspark, hinter denen sich rund 60 aktive Menschen verbergen. Denn neben Privatleuten können auch Firmen, Vereine oder Schulklassen Pflegepaten werden. Darüber hinaus sind öffentliche Arbeitseinsätze weit verbreitet und sehr beliebt. Im Jahr 2003 wurde vom Gartenträume-Verein die Tradition der „Parkseminare“ wieder aufgegriffen. Seitdem findet jährlich ein großer Arbeitseinsatz, der über ein ganzes Wochenende im Oktober läuft, in einer anderen Parkanlage statt. Daraus haben sich viele „kleine Parkseminare“ entwickelt, z.B. in Wernigerode, im Georgium in Dessau-Roßlau oder im Barockgarten Hundisburg.
Alle Aktiven haben eines gemeinsam: sie lieben „ihre“ Parks, Gärten und Schlösser, sie wollen sie beleben und sie wollen dabei helfen, ihnen eine Zukunft zu geben. Und das in einer Gemeinschaft mit Gleichgesinnten. Sie wissen: Gemeinsam Gutes für Grünes tun macht glücklich.
20 Jahre Gartenträume – das Festjahr 2020
Das zwanzigjährige Bestehen der Landesinitiative Gartenträume – Historische Parks in Sachsen-Anhalt wird vielfältig begangen und gefeiert. Den fachlichen Auftakt machte bereits im Oktober 2019 die vielbeachtete internationale Gartentagung „Küchen- und Nutzgärten. Trend und Tradition“ in Wörlitz, die unter Federführung der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz stattfand. Der Landesheimatbund und der Gartenträume Sachsen-Anhalt e. V. waren neben weiteren Partnern Mitveranstalter der Tagung.
Am 11. Dezember 2019 wurde auf Schloss Wernigerode die Ausstellung „Leidenschaft für Schönheit – Gartenträume in Sachsen-Anhalt“ eröffnet. Markante, wertvolle und überraschende Exponate veranschaulichen das Wesen und die Einzigartigkeit jeder der 50 Gartenträume-Anlagen. Die Ausstellung ist bis zum 3. Mai 2020 zu sehen. Begleitend zur Ausstellung ist der erste Gartenträume-Bildband im Verlag Janos Stekovics erschienen.
Mit dem traditionellen Frühlingserwachen in Wörlitz am 21. und 22. März 2020 wird der Start der tatsächlichen Garten(träume)-Saison eingeläutet. Hunderte Veranstaltungen finden in den Parks und den dazugehörigen Gebäuden statt. Feste für alle Sinne, wie die Romantische Nacht im Kloster Drübeck, exklusive Musikereignisse wie der MDR Musiksommer ‚Gartenträume‘, Gartenmärkte und -messen, z.B. die Obsttage auf Schloss Hundisburg, sowie Garten-Workshops, die u.a. das Kloster Michaelstein anbietet, gehören zu den beliebtesten Veranstaltungen. Gemeinschaftliche Höhepunkte sind das europäische Aktionswochenende „Rendezvous im Garten – Tage der Parks und Gärten“ vom 5.-7. Juni 2020, an dem sich viele Gartenträume-Parks beteiligen und der Gartenträume-Picknicktag am 19. Juli 2020. Landauf landab wird an diesem Tag gemeinsam im Grünen geschlemmt. Im Herbst laden Parkseminar und Arbeitseinsätze dazu ein, die Ärmel hochzukrempeln und Gartendenkmalpflege ganz praktisch zu erleben.
Ein Blick nach vorn
Das Netzwerk Gartenträume hat sich in 20 Jahren zu einem starken Verbund entwickelt. Die mitwirkenden Parkakteure identifizieren sich mit den Zielen der Initiative – Erhalt und Vermarktung des gartenkulturellen Erbes Sachsen-Anhalt – und beteiligen sich engagiert an Projekten, Aktionen und Veranstaltungen.
Bundesweit gelten die Gartenträume für das gut abgestimmte und erfolgreiche Zusammenspiel von Denkmalpflege und Tourismus als Modellprojekt. Es gibt eine intensive Zusammenarbeit mit anderen Garteninitiativen in Sachsen-Anhalt, Deutschland und Europa. Hier wird wertvolles Wissen ausgetauscht und gemeinsam an Strategien gearbeitet, die Strahlkraft von Parks und Gärten weiter zu erhöhen und Herausforderungen, z.B. die Auswirkungen des Klimawandels auf die Parkanlagen, zu begegnen. Nach dem Gartenträume-Jubiläumsjahr 2020 gibt es bereits 2022 den nächsten gartentouristischen Höhepunkt im Land: in Bad Dürrenberg, dessen Kurpark seit 2017 zu den „Gartenträumen“ gehört, findet die 5. Landesgartenschau Sachsen-Anhalts statt.
All dies sind positive Voraussetzungen für ein erfolgreiches Weiterbestehen der „Gartenträume Sachsen-Anhalt“.
Infos auf www.gartentraeume-sachsen-anhalt.de