Junge Engagierte in Peißen

Lilly Jentsch | Ausgabe 3-2021 | Bürgerschaftliches Engagement | Interview

Mark Wollmann und Lilly Jentsch in einem Leseraum  der Gemeindebibliothek Peißen. Foto: Lilly Jentsch.

Als Engagementbotschafter Kultur des Landes Sachsen-Anhalt werden seit 2013 Bürgerinnen und Bürger des Landes berufen, die im Kulturbereich ehrenamtlich tätig sind. Die Berufung ist eine Auszeichnung für ehrenamtliche Arbeit und zugleich selbst ein Ehrenamt. Die aktuell fünf Botschafter repräsentieren bei zahlreichen Anlässen das ehrenamtliche Engagement im Kulturbereich und stehen Politik und Verbänden beratend zur Seite.

Mark Wollmann wurde 2020 mit 18 Jahren für 2 Jahre zum Engagementbotschafter des Landes Sachsen-Anhalt berufen. Im selben Jahr legte er sein Abitur am Gymnasium Landsberg ab und leitet inzwischen ehrenamtlich die Gemeindebibliothek Peißen, die er vor 6 Jahren mitgründete. Dort haben sich er und sein Team die Lese- und Sprachförderung junger Kinder aus der Region zur Aufgabe gemacht.

 

Mark, bitte stell kurz die Entstehung der Gemeindebibliothek Peißen vor.

Wir haben die Bibliothek 2015 gegründet und eröffnet. Wir hatten damals schon in unserer Schule eine Arbeitsgemeinschaft, eine Medien-AG, bei der wir auch die Idee hatten, jüngeren Schülern das Lesen zu vermitteln. Wir waren eine coole Gruppe und dachten uns, das passt ja eigentlich alles ganz gut und wir wollen ein bisschen mehr machen, als immer nur eine Stunde in der Schule am Nachmittag. Dann haben wir, weil wir alle hier aus der Gegend kamen, überlegt, was gut ist, was man machen kann und sind auf den Ortsbürgermeister von Peißen zugegangen. Er hat gesagt „Coole Idee!“ und schlug die Eröffnung einer Gemeindebibliothek vor – wir wollten eigentlich nur einen kleinen Projektraum machen, doch wir dachten uns daraufhin, dass man das sehr gut verbinden könnte. Der „Bürger von Peißen e. V.“ hat uns anschließend kostenlos die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt, zuerst war es nur ein Raum und 2018 haben wir es dann noch etwas erweitert.

Wie sieht deine ehrenamtliche Arbeit in der Bibliothek aus?

Anfangs waren wir natürlich noch viel kleiner, haben dann Bücher gespendet bekommen und nach und nach unseren Bestand aufgebaut. Wir wollten die Bibliothek zusätzlich zum Ausleihen und Abgeben von Büchern auch zu einem Ort der Begegnung machen, zum Beispiel mit kleinen Veranstaltungen, einem Lese-Café – einfach Möglichkeiten, sich nochmal hinzusetzen und zu plaudern ohne, wie auf dem Land ja oft üblich, lange Fahrtwege für kulturelle Veranstaltungen in Kauf nehmen zu müssen. Manchmal machen wir auch größere Events, 2018 hatten wir zum Beispiel unser 3-jähriges Jubiläum und konnten mit Essen & Trinken, einer Bibliotheksführung und Vorträgen zu unserer bisherigen Arbeit kostenfrei den großen Saal über uns nutzen. Ansonsten gibt es auch Lesungen, zum Beispiel zum bundesweiten Vorlesetag. 2018 haben wir noch mit einer großen Veranstaltung und gefördert von „Kultur macht stark – Bündnisse für Bildung“, gemeinsam mit der „Stiftung Lesen“ und dem Kirchenrat einen Leseclub eröffnet. Wir kümmern uns dabei um das pädagogische Konzept, der Kirchenrat um die Ehrenamtlichen, da sie nochmal einen anderen Zugang zu den Menschen haben, vor allem zum Beispiel zu den Erwachsenen und die Stiftung Lesen kümmert sich um die Literatur. Dabei bieten wir verschiedene besonders greifbare Leseförderungsprogramme an, vor allem für Kinder im Vorschulalter, aber auch bis zu 12 Jahren, bei denen gemeinsam eine Geschichte vorgelesen, angeguckt, besprochen und passend dazu gemalt, gebastelt oder ein Spiel gespielt wird.

Warum engagierst du dich gerade in einer Bibliothek und nicht zum Beispiel im Sportverein?

Das ist schwierig zu sagen, man hat natürlich irgendwie seine Interessen. Es war ja von Anfang an gar nicht klar, dass es mal so eine große Sache wird, wir sind ja auch ein junges Team – Preise zu gewinnen war nie das Ziel, aber step by step hat es sich in diese Richtung entwickelt. Es ist schön, wenn man an die Kinder etwas an Leselust weitergeben kann, sie freuen sich natürlich auch und man sieht das Strahlen in den Augen, wenn sie das Lieblingsbuch in der Hand haben.

Fühlst du dich durch deine Arbeit stärker mit deiner Heimat verbunden?

Auf jeden Fall. Man hat viele Kontakte, hat sich hier natürlich auch etwas aufgebaut und lernt den Ort ganz anders kennen. Ich würde schon sagen, dass wir dadurch mit dem Ort nochmal anders verbunden sind, einfach, weil wir wissen wir haben hier etwas geschaffen und etwas selbst gemacht.

Du bist der jüngste Engagementbotschafter in Sachsen-Anhalt. In welchem Alter hast du dich das erste Mal ehrenamtlich engagiert und wie kam es dazu? Gab es ein bestimmtes Ereignis oder eine bestimmte Person, die dich dazu inspiriert hat?

Ich glaube nicht, dass ich ein bestimmtes Schlüsselerlebnis hatte, wir hatten natürlich die AG, es hat irgendwie gepasst und wir hatten dann einfach als Gruppe gemeinsam Lust, in unserer Freizeit mehr zu machen. Wir fanden das alle cool und haben einfach immer mehr Zeit investiert und uns weiterentwickelt.

Oft wird ehrenamtliche Arbeit eher in Verbindung mit älteren Menschen gebracht. Warum ist es wichtig, dass sich gerade auch junge Leute engagieren?

Zum einen ist es natürlich wichtig, dass diese Arbeit auch in nachfolgenden Generationen stattfindet und es Nachwuchs gibt, vor allem auch zum Beispiel in Bereichen wie der Feuerwehr. Ansonsten denke ich, dass es eine schöne Möglichkeit für junge Leute ist, zusammenzukommen, seine Zeit sinnvoll zu nutzen – es sollte natürlich nicht alles einnehmen – , Erfahrungen zu sammeln und es macht sich natürlich auch gut im Lebenslauf. Ich glaube es macht außerdem einfach Spaß, wenn man das Richtige für sich findet. Auch wenn das Ehrenamt oft mit älteren Menschen assoziiert wird, gibt es ja zum Beispiel den Jugendengagementpreis im Land Sachsen-Anhalt, den haben wir einmal gewonnen, ich war dann einmal in der Jury und habe bei 60 Einsendungen auf jeden Fall gesehen, dass es viele Initiativen von jungen Menschen gibt, von denen man vielleicht einfach noch nicht gehört hat.

Wird das Ehrenamt auch in deinem weiteren Leben noch eine große Rolle spielen? 

Ja, auf jeden Fall denke ich, dass man, wenn man einmal mit dem Ehrenamt angefangen hat, nicht einfach damit aufhört. Vielleicht ist es dann nicht mehr die Bibliothek Peißen, vielleicht schon, das weiß ich noch nicht. Ich denke, dass man sich auf jeden Fall weiter engagiert, egal wo es dann ist.

Hast du schon neue Ziele oder Pläne für die Zukunft?

Im Moment mache ich ein duales Studium beim Jugendamt, was mir viel Spaß macht. Ich denke, dass ich auf jeden Fall erstmal hier in der Gegend bleiben werde und ich fände es schön, wenn ich eventuell auch in ein paar Jahren noch in der Bibliothek tätig sein kann.

Vielen Dank für das Gespräch!

Die Fragen stellte Lilly Jentsch