Kaiser Karl IV. und der Wein
von Hubertus Sommerfeld | Ausgabe 4-2016 | Geschichte
Nichts macht mit der Landschaft vertrauter als der Genuss der Weine, die auf ihrer Erde gewachsen und von ihrer Sonne durchleuchtet sind.
Ernst Jünger, 1895 – 1998
In den Jahren 2016 und 2017 wurde und wird aus Anlass seines 700. Geburtstages das Wirken des bedeutenden Monarchen Karl IV. (14. 05. 1316 – 29. 11. 1378), Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und Böhmischer König, mit zahlreichen Ausstellungen in Tschechien und Deutschland gewürdigt. Der Freistaat Bayern und die Tschechische Republik veranstalten eine gemeinsame Landesausstellung, die vom 14. Mai bis 25. September 2016 in der Prager Wallenstein-Halle gezeigt wurde und nun vom 20. Oktober 2016 bis 5. März 2017 im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg zu sehen ist. Die Stadt Tangermünde, Karl IV. baute sie 1373 – 1378 zu einer Nebenresidenz aus, veranstaltete 2016 die Ausstellung „Kaiser Karl IV. – Ein Kaiser an Elbe und Havel“ und führte zu diesem Thema gemeinsam mit dem Landesheimatbund Sachsen-Anhalt am 17. und 18. Juni 2016 eine Tagung durch. [1] Die Tschechische Republik brachte in Würdigung Karl IV. im Jahre 2016 einen sehr schönen Markenblock mit dem Abbild des Kaisers und in der Bildmitte einer Darstellung der christlichen Symbole Rebstock und Fisch heraus, die die Frömmigkeit des Kaisers dokumentieren.
Große Verdienste um die Entwicklung des Weinbaus in Böhmen nach dem Vorbild Italiens und Burgunds erwarb sich der für seine Klugheit in Wirtschaftssachen bekannte Herrscher durch Erlass zahlreicher Dekrete und Beurkundungen. [2] Es war besonders Karl IV., der auch den bestehenden Weinbau in Böhmen (Melnik, Leitmeritz, Czernosek) förderte. Er sorgte dafür, dass statt der qualitativ geringwertigen einheimischen Sorten der edle blaue Burgunder und der weiße Traminer eingeführt wurden. Schon im Jahre 1344 ließ Karl IV. in Melnik Burgunderreben anpflanzen und begründete so den noch jetzt beliebten dunkelroten Melniker. [3] [4]
Weinbaudekret für Böhmen und die Stadt Prag
Zum 650jährigen Jubiläum des Erlasses des Weinbaudekretes für Böhmen durch Kaiser Karl IV. vom 7. Februar 1358 edierte die Tschechische Nationalbank im Jahre 2008 eine 200-Kronen-Silbermünze mit der Darstellung einer Baumkelter und den typischen Tätigkeiten im Weinberg. Das Dekret betraf das ganze Königreich Böhmen, besonders aber die Gegend um Prag. Karl IV. befahl, dass die Berge und Anhöhen, drei Meilen um die Stadt herum, mit Weinreben besetzt werden.
Als der europäische Weinbau während des 14. Jh. seiner größten Ausdehnung entgegenwuchs, hat man den Wert des Reblandes gelegentlich mit dem der Bergbaugebiete gleichgesetzt. So ist es zu erklären, dass das Weinbaudekret von 1358 auf Vorstellungen des Bergrechtes fußt. Wer also für den Weinbau geeignetes Terrain besaß und trotz Mahnung der Obrigkeit nicht mit Reben bestellte, ging dieses Eigentums zugunsten jenes Mannes verlustig, der sich der kaiserlichen Verordnung unterwarf. [2]
Der Rat der Altstadt Prag bekam die Macht, einen Weinbergmeister einzusetzen und nach Gutbefinden auch wieder abzusetzen. Das Vorgehen zur Umsetzung des Dekrets ist detailliert beschrieben. Winzer und Weinberge wurden unter besonderen Schutz gestellt und waren 12 Jahre von allen Abgaben, Steuern und Zoll befreit.
Es heißt: „Es wurden bald eine Menge der schönsten Weinberge , sowohl um die Stadt Prag, als auch in andern warmen Gegenden angelegt,und nach der Zeit soviel Wein gebauet, dass nicht nur Böhmen, sondern auch das benachbarte Sachsen mit dem selben versehen werden konnte, wodurch große Summen Geldes in das Land gekommen“. [5]
Auch auf den Weinhandel nahm Karl IV. Einfluss, um die Weinbauern in Böhmen vor Billigimporten zu schützen. So erneuerte er 1373 per Edikt das Verbot, fremde Weine in Böhmen einzuführen, „damit der Weinbau im Lande in bessere Aufnahme gebracht werden möchte“. [ebd., S. 859]
Für die namentlich genannten „Vernatsch, Malvasy, Romany, welisch Weyn, Poczner, Rayfal und andere solch teure Weyn“ galt eine Ausnahmegenehmigung zur Einfuhr nach Prag. Die Südtiroler Winzer verweisen mit Stolz auf die frühe Erwähnung ihres hier heimischen Vernatsch und des Bozener Weines. [6] Andererseits gestattete Karl IV. der Stadt Znojmo (Südmähren) 1375 die Ausfuhr von Weinen nach Böhmen, Schlesien und Brandenburg. [7]
Erwähnenswert ist auch eine von Karl IV. in Bonn am 26. November 1346 erlassene Verfügung, wonach dem Erzbischof Balduin von Trier die Reichspfandschaft zu Boppard erneuert und ihm gestattet wird, in Boppard vier alte Groschen von jedem auf dem Rhein geführten Fuder Wein und anderen Kaufmannsgütern zu erheben. [8]
Beurkundungen für Sachsen und Thüringen
Ganz entscheidenden Einfluß auf die Entwicklung des Weinbaus an Saale und Unstrut hatten zwei, in den Jahren 1350 und 1355 von Karl IV. ausgestellte Urkunden. Zum Ersten begründeten sie den Beginn des bürgerlichen Weinbaus in Sachsen und Thüringen, zum Zweiten bekam das Kloster Pforta erneut Rechtssicherheit beim Erwerb bzw. Verkauf von Ländereien.
Beginn des Bürgerlichen Weinbaus
Am 6. Februar 1350 beurkundete Karl IV. in Bautzen: „Karl [IV.], Römischer König und König von Böhmen, erteilt auf Bitten von Friedrich [III.], Balthasar, Ludwig und Wilhelm [I.], Landgrafen von Thüringen und Markgrafen von Meißen, allen Bürgern (universis civibus et opidanis) in deren Ländern das Recht, Ritterlehen zu erwerben und zu besitzen“. [9] Mit diesem Rechtsakt war die Grundlage für den Besitz von Bürgerweinland gelegt.
Die Voraussetzung für eine weitere Ausbreitung der Rebkultur und den Eintritt des erstarkenden Bürgertums der Städte in den Weinbau war gegeben. Der Privatbesitz an Rebland war ökonomische Hauptursache für ein Aufblühen der Weinkultur. [10] Der Besitz eines Weinberges wurde für einen wohlhabenden Bürger zum Statussymbol. „In der alten Bischofsstadt Naumburg … wurde nur der als Bürger angesehen, der ein Haus, einen Pelz und einen Weinberg hatte“. [11]
Kaiser Karl IV. bestätigte dem Kloster Pforta die Besitztümer und stellte das Kloster unter seinen Schutz
Am 20. Dezember 1355 bestätigte in Nürnberg Karl IV. dem Kloster Pforta „seinen Schutz in Bezug auf alles, was das Kloster besäße und was es noch auf rechtlichem Wege bekäme, vorzüglich bewillige und bestätige er alles, was ihnen gegeben habe der erlauchte Fürst, Friedrich der Markgraf von Meißen, sein Onkel (avunculus), oder andere Fürsten in gegenwärtiger Zeit. Gegen diesen seinen Willen solle niemand handeln bey seiner Ungnade und einer Strafe von 1000 Pfund reines Goldes“. [12] [13]
Hierzu ist anzumerken, dass das im Jahre 1137 nahe der Stadt Naumburg gegründete Zistersienserkloster Pforta sich innerhalb kurzer Zeit zu einer bedeutenden Grundherrschaft im Mittelalter entwickelte, die eine vielgestaltige Kulturlandschaft hervorbrachte und insbesondere den Weinbau an Saale und Unstrut, seit dem Jahre 998 urkundlich belegt, prägte. Vor der Reformation gehörten 167 Weinberge mit insgesamt 260 ha Rebfläche in den Fluren von 62 Ortschaften zum Besitz des Klosters. 1540 wurde das Kloster durch Herzog Moritz von Sachsen aufgelöst und in die Landesschule Pforta überführt. Die Weinberge wechselten teilweise in weltlichen Besitz. [14]
Das Landesweingut Kloster Pforta, mit 50 ha größtes Einzelweingut im Weinbaugebiet Saale-Unstrut, ist der Tradition der Zistersienser verpflichtet, die ihre Arbeit als eine „creato continua“, als fortlaufendes Schaffen und Schöpfen verstanden. [15] So hat der Weinbau hier eine bis heute ununterbrochene Tradition. Das Landesweingut sieht sich als Muster- und Demonstrationsweingut, das den bestehenden und künftigen Weinbau an Saale und Unstrut fördern und stärken will. [16] Derzeit untersucht das Landesweingut im Rahmen eines langfristig angelegten EU-Projektes die Auswirkungen des Klimawandels auf den heimischen Weinbau.
Ausblick auf den Wein-Jahrgang 2016 an Saale und Unstrut
Die Weinlese 2016 von 750 ha Ertragsrebfläche ist in die Keller eingebracht. Amtliche Zahlen über das Leseergebnis liegen erst im Januar vor, nach vorsichtiger Einschätzung rechnet man bei einem Durchschnittsertrag von 68 hl/ha mit 5,1 Mio. Liter Wein. Trotz Trockenheit im Sommer und verregnetem Oktober ist wieder mit hervorragenden Qualitäten zu rechnen. [17]
Freuen wir uns also auf einen guten Tropfen des Jahrgangs 2016.
Literatur
[1] St. Auert-Watzik,„Kaiser Karl IV. – Ein Kaiser an Elbe und Havel“, Sachsen-Anhalt-Journal, 26.Jg., 3 – 2016, Seite 26 – 28.
[2] R. Weinhold, Vivat Bacchus. Leipzig 1975, S. 65 f.
[3] V. Maiwald, Geschichte der Botanik in Böhmen. Wien, Leipzig 1904, S. 43 – 45.
[4] R. Schultze, Geschichte des Weines und der Trinkgelage. Berlin 1867, S. 111.
[5] F. M. Pelcl, Urkundenbuch der Stadt Prag, 2.Teil, S. 574 f.
[6] N.N., wein.kaltern Magazin, 13.JG., Nr.22/2013, S. 32.
[7] www.wineofczechrepublik.cz, 05. 08. 2016.
[8] RIplus Regg. Karl IV. Diplomata n.53, in Regesta Imperii Online.
[9] www.archiv.sachsen.de/archiv/Bestand; Archivalnr. 03207.
[10] D. Coburger, 1000 Jahre mit Karst und Hippe. Naumburg 1993, S. 100.
[11] D. Coburger, Fränkische Teilhabe am historischen Weinbau in Thüringen und Sachsen-Anhalt. Bamberg 1995, S. 112.
[12] G.A.B. Wolff, Chronik des Klosters Pforta, 2.Teil. Leipzig 1848, S. 477.
[13]RI VIII n.2349, in Regesta Imperii Online.
[14] wikipedia/landesweingut-kloster-pforta, 28. 10. 2016.
[15] Dr. Fritz Schumann, Website kloster-pforta.de, 28. 10. 2016 .
[16] www.weinbauverband-saale-unstrut.de, 30. 10. 2016.
[17] ebd.