30 + 1 Jahre Landesheimatbund Sachsen-Anhalt e. V.

13 Ehrennadeln für seine Mitglieder aus den Händen des Ministerpräsidenten

John Palatini und Christine Schlott | Ausgabe 4-2021 | Bürgerschaftliches Engagement

Ehrennadeln bereit zur Verleihung. Foto: Matthias Behne.
Im Beisein des Chefs der Staatskanzlei und Ministers für Kultur, Rainer Robra, übergab Ministerpräsident Reiner Haseloff an diesem Tag 13 Vertreterinnen und Vertretern des Landesheimatbundes die Ehrennadel. Foto: Matthias Behne.
Ehrennadel des Landes Sachsen-Anhalt. Foto: Matthias Behne.
Ministerpräsident Reiner Haseloff würdigt die ehrenamtliche Arbeit der Ausgezeichneten. Foto: Matthias Behne.

In den zurückliegenden beinahe zwei Jahren ließ sich eindrücklich mitansehen, wie wichtig Engagement für die Gesellschaft ist. Es sind die freiwillig Engagierten, die sich mit Tatkraft und Ideen in die Gesellschaft einbringen, die Mut machen und auf diese Weise Vieles ermöglichen. Um ihre Bereitschaft, sich zu engagieren, langfristig zu erhalten und andere zum Mitmachen zu bewegen, braucht Engagement Anerkennung!

Diese Anerkennung ist ein wichtiges gesellschaftliches Signal und Aufgabe von Politik und Verbänden. Dabei geht es nicht nur um das An-Erkennen der geleisteten Arbeit, sondern um das Erkennen, Wahrnehmen und Ernstnehmen der Personen, die sich in den verschiedenen Bereichen der Gesellschaft engagieren. Ausdrücklich sind dies nicht nur die Vorsitzenden von Vereinen, sondern alle, die anpacken, um den Nahraum, die Heimat, in der sie leben, zu erhalten und weiterzuentwickeln.

Als Dachverband der Kultur- und Heimatvereine Sachsen-Anhalts hatte sich der Landesheimatbund Sachsen-Anhalt e. V. schon 2019 entschlossen, seinen 30. Jahrestag nicht mit einem Festakt im üblichen Sinne zu begehen. Stattdessen sollten engagierte Persönlichkeiten aus allen Landesteilen im Mittelpunkt stehen, die exemplarisch jenes Themenspektrum repräsentieren, für das sich der Verband seit seiner Gründung einsetzt. Dies ist zum einen die Unterstützung der Kultur- und Heimatvereine Sachsen-Anhalts, ohne die es in so vielen Orten unseres Landes weniger lebenswert wäre. Aber auch die ehrenamtliche Heimatforschung sowie die Pflege der Regionalsprache Niederdeutsch und der mitteldeutschen Mundarten sind solche Themen, denen sich der Landesheimatbund verpflichtet fühlt.

Um nun die Menschen hinter diesen Themen sichtbar zu machen, wurden aus dem Netzwerk des Verbandes Frauen und Männer stellvertretend ausgewählt und für eine Auszeichnung mit der Ehrennadel des Landes Sachsen-Anhalt vorgeschlagen. Pandemiebedingt verzögerte sich die feierliche Auszeichnungsveranstaltung bis zum 3. November 2021. Im Beisein des Chefs der Staatskanzlei und Ministers für Kultur, Rainer Robra, übergab Ministerpräsident Reiner Haseloff an diesem Tag 13 Vertreterinnen und Vertretern des Landesheimatbundes die Ehrennadel. In seiner Ansprache im Festsaal der Staatskanzlei würdigte der Ministerpräsident die Verdienste des Landesheimatbundes und seiner Akteure für die Entwicklung des Landes. Er unterstrich, „dass es heute eine große Verbundenheit miteinander und mit dem Land gibt, verdanken wir nicht zuletzt dem aufopferungsvollen ehrenamtlichen Engagement in den Vereinen der Heimat- und Brauchtumspflege.“ Wie vielfältig genau dieses Engagement ist, zeigt sich an den Geehrten, die im Folgenden kurz vorgestellt werden.

Der Landesheimatbund blickt einerseits auf 30 + 1 aufregende Jahre zurück und richtet andererseits seinen Blick nach vorn in eine Zukunft, um die ihm nicht bange sein muss. Denn Engagement für die Heimat ist kein Nischenthema, sondern hat seinen Platz mitten in der Gesellschaft. Die 13 mit der Ehrennadel des Landes Ausgezeichneten sind hierfür der Beweis. Ihnen gratulieren wir im Namen des Vorstandes und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Geschäftsstelle. Unser Dank gilt der Staatskanzlei für die Organisation der Veranstaltung und die Ermöglichung des würdigen Rahmens in schwierigen Zeiten.

 

Dr. Christel Panzig, Wittenberg

Dr. Christel Panzig (73) gehört zu den herausragenden Persönlichkeiten der ehrenamtlichen Geschichtsforschung und Museumsarbeit in Sachsen-Anhalt. Durch die Sammlung, Erforschung und Präsentation regionaler Alltagskultur und -geschichte des 20. Jahrhunderts hat sie sich bleibende Verdienste erworben. Ihr Lebenswerk ist das „Haus der Geschichte“ (HdG) Wittenberg, das sie, unterstützt von Mitstreitern, in verantwortlicher Position aufgebaut und etabliert hat. Heute zählt das HdG zu den führenden durch einen Verein getragenen Museen in Sachsen-Anhalt. Christel Panzig leitet diese Institution, die zugleich Museum, Archiv und Forschungseinrichtung ist, nach wie vor als ehrenamtliche Direktorin.

 

Dr. Christine Klein, Halle (Saale)

Seit ihrer Kindheit engagiert sich Christine Klein (59) für die Musik. Sie sang im Magdeburger Domchor und besuchte die Musikschule. Seit 1989 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Fachgruppe Musiktheorie an der Universität in Halle. Dort übernahm sie ehrenamtlich die Koordination der Öffentlichkeitsarbeit des Instituts und die Organisation von Meisterkursen.

Christine Klein musizierte in verschiedenen Ensembles und ist Vorstandsmitglied des Vereins PRO MUSICA e. V., der Förderverein des Instituts für Musik an der Universität Halle-Wittenberg. Auch als Mitglied des Arbeitskreises „Georg Philipp Telemann“ Magdeburg e. V. und der Telemann-Gesellschaft e. V., einer international agierenden Vereinigung, engagiert sie sich im Bereich regionale Musikkultur.

 

Erhardt Berner, Dessau-Roßlau

Erhardt Berner (74) engagiert sich bereits seit vielen Jahren ehrenamtlich. Insbesondere seine Liebe zur heimischen mitteldeutschen Mundart, mit der er von Kindheit an verbunden ist, lässt ihn sich unermüdlich für deren Erhalt einsetzen. Schon früh bemerkte er die lautlichen Unterschiede der Mundarten der verschiedenen Orte seiner Heimat. Diese Faszination für die Feinheiten der Sprache hat ihn bis heute nicht losgelassen und so gründete er mit einigen Mitstreiterinnen und Mitstreitern 2011 die „Mundartgruppe 2011 Dessau-Roßlau“, die sich 2017 den neuen Namen „Christoph Hobusch“ gab. Diese bestreitet nahezu monatlich Veranstaltungen, Lesungen und Auftritte in der Region um Dessau-Roßlau und in der Stadt selbst. Ein Ziel ist, die eigene Begeisterung für die Mundart an Kinder und Jugendliche weiterzugeben.

 

Heike Kurtze, Zehrental OT Groß Garz

Heike Kurtze (62) engagiert sich seit vielen Jahren für den Erhalt und die Förderung der niederdeutschen Sprache. Sie ist Lehrerin an der Grundschule Flessau und leitet dort seit 20 Jahren die Arbeitsgemeinschaft „De Plattschnacker“ mit 20 bis 30 Kindern aus der 1. bis 4. Klasse. Ihr Ziel ist es, dass die Kinder die Regionalsprache kennenlernen und diese im schulischen Alltag sprechen. Seit 17 Jahren bereitet sie ehrenamtlich Kinder auf die Teilnahme am Vorlesewettbewerb „Schülerinnen und Schüler lesen PLATT“ vor.

Heike Kurtze arbeitet in der Arbeitsgruppe Niederdeutsch bei der Staatskanzlei / Ministerium für Kultur von Sachsen-Anhalt mit und vertritt dort die Region Altmark sowie die Belange des Bereichs Niederdeutsch in der Schule. Für ihr ehrenamtliches Engagement wurde sie 2019 mit dem Kulturpreis der Stadt Osterburg ausgezeichnet.

 

Hildegard Uhden, Burg, OT Reesen

Hildegard Uhden (71) kam Mitte der 1990er Jahre nach Reesen bei Burg. Seit 2008 engagiert sie sich im Heimatverein Reesen e. V. Sie war maßgeblich am großen Projekt „Sanierung der Pfarrscheune“ beteiligt. Inzwischen ist sie die Vorsitzende des Heimatvereins und hat die Fäden des dörflichen Gemeinschaftslebens in der Hand. Sie setzt sich für alle Generationen ein, denkt im Sinne der ortsansässigen Unternehmen und hat stets die Zukunft von Reesen im Blick. Sie kämpft für nachhaltige Bildungsangebote und der Umweltschutz liegt ihr am Herzen.

Durch ihren unermüdlichen Einsatz gelang es, Reesen erfolgreich beim Landeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ zu präsentieren. Das Motto „Dorf der helfenden Hände“ wurde Programm. Seit 2019 ist Hildegard Uhden im Ortschaftsrat Reesen und gleichzeitig stellvertretende Ortsbürgermeisterin.

 

Dr. Karin Reglich, Schleberoda

Dr. Karin Reglich (56) engagiert sich für den ländlichen Raum um Freyburg (Unstrut) seit 1992. Seit 2000 wirkt sie im Gemeinderat von Schleberoda und nach der Eingemeindung als Stadträtin von Freyburg (Unstrut). Sie ist aktiv im Heimatverein Schleberoda e. V., der sich um Traditionen der Region und die Geschichte des Ortes kümmert und sich für den Erhalt historischer Baudenkmale einsetzt. Der Verein organisiert Heimatabende, Ausstellungen und Vorträge, das Lindenfest, Adventskonzerte, Rentnerweihnachtsfeier und Stollenbacken, Arbeitseinsätze, das Sensenfest, Familienwandertage, Radtouren und vieles mehr. Für die Zukunft Schleberodas plant der Heimatverein um Dr. Karin Reglich die Umsetzung zahlreicher weiterer Vorhaben wie z. B. einen Dorfgemeinschaftsladen.

 

Lutz Bittner, Oschersleben OT Emmeringen

Lutz Bittner (66) gestaltet seine Heimat seit über 20 Jahren intensiv und hoch engagiert. Viele seiner Initiativen sind mit dem Verein Kirche und Kunst Emmeringen e. V. (gegründet 2004) verknüpft, dessen langjähriger Vorsitzender er ist. Die Kirche im Ort stand vor dem Verfall. Der Verein forderte, die Kirche solle wieder Mittelpunkt der Gemeinschaft sein. Lutz Bittner und der Verein sammelten Spenden, stellten Fördermittelanträge, begeisterten andere Menschen. Eine umfassende Sanierung folgte: Die Kirche erhielt neue Fenster, eine neue Elektroinstallation, eine Dachsanierung u.a.m. Sie bietet den Einwohnern und ihren Gästen vielseitige kulturelle Höhepunkte. Neben Ausstellungen, Konzerten und Lesungen finden auch Trauungen und Weihnachtsfeiern statt. Lutz Bittner ist überzeugt, dass Probleme gelöst werden können. Er ist ein unermüdlicher Netzwerker, der Menschen mitreißt.

 

Rolf Kutzleb, Gemeinde Südharz, OT Hainrode

Rolf Kutzleb (72) engagiert sich seit fast 30 Jahren für seinen Heimatort Hainrode und für die Region Mansfeld-Südharz. Er ist seit der Gründung des Heimat-und Naturschutzvereines Hainrode e. V. 1991 dessen Vorsitzender. Er war Gemeinde- bzw. Ortschaftsrat für Hainrode und stellvertretender Ortsbürgermeister. Seit 2010 ist er im Gemeinderat der Einheitsgemeinde Südharz.

Der Verein organisiert Veranstaltungen, richtete einen Dorfladen ein, entwickelte ein Freizeitzentrum, schuf Spiel- und Sportmöglichkeiten sowie einen Seniorentreff und einen Jugendclub. Rolf Kutzleb organisierte die Beteiligung Hainrodes am Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ auf Kreis-, Landes- und Bundesebene. Der Ort erhielt zweimal Silber auf Bundesebene. 2012 wurde er im Rahmen des Europäischen Dorfwettbewerbs geehrt. Mit seinen Ideen und seinem Einsatz machte Rolf Kutzleb gemeinsam mit seinen Mitstreitern das Dorf zu einem der schönsten Dörfer in Sachsen-Anhalt.

 

Ronny Krimm, Gemeinde Petersberg, OT Mösthinsdorf

Ronny Krimm (41) gehört im nördlichen Saalekreis zu den im besonderen Maße engagierten Persönlichkeiten. Sein Name ist eng mit dem Mösthinsdorfer Heimatverein verknüpft, den er 1999 mitbegründete und dessen Vorsitzender er seither ist.

2020 konnte das von ihm initiierte und aus Mitteln der Europäischen Union geförderte, neu gebaute Dorfgemeinschaftshaus als Offenes Haus der Begegnung eingeweiht werden. Es dient als zentraler Begegnungs-, Versammlungs- und Veranstaltungsort.

Ronny Krimm engagiert sich seit vielen Jahre in der Kommunalpolitik sowie in der evangelischen Kirche. Bis zum Antritt seines Amtes als Bürgermeister der Gemeinde Petersberg war er Mitglied im Gemeinderat der Gemeinde Petersberg, im Ortschaftsrat Ostrau, stellvertretender Ortsbürgermeister sowie Vorsitzender des Gemeindekirchenrats im Evangelischen Kirchspiel Ostrau.

 

Rüdiger Stefanek, Magdeburg

Rüdiger Stefanek (54) engagiert sich seit Jahren für die Erforschung und den Erhalt der historischen Festungsanlagen Magdeburgs. 1990 gründete sich der Kultur- und Heimatverein Magdeburg e. V. Rüdiger Stefanek übernahm 2012 den Vorsitz. Schon 2008 initiierte er mit der Schriftenreihe „Preußische Festung Magdeburg“ die Erforschung und Bekanntmachung der Festungsanlagen.

Im Juli 2014 gründete sich der Sanierungsverein Ravelin 2 e. V. und Rüdiger Stefanek wurde Vorsitzender. Im Dezember 2014 startete der „Advent im Ravelin 2“, um die Öffentlichkeit für die Festung zu sensibilisieren. Durch das Stellen von Förderanträgen requirierte Rüdiger Stefanek Gelder aus verschiedenen Quellen. Es ist vor allem seiner durchsetzungsstarken Persönlichkeit zu verdanken, dass das Ravelin 2 vergleichsweise schnell und umfassend saniert werden kann.

 

Sabine Richter, Gemeinde Selke-Aue, OT Hausneindorf

Sabine Richter (57) engagiert sich seit Jahren für den Erhalt und die Wiederbelebung der historischen Burganlage Hausneindorf. 2006 war sie eine der Mitbegründerinnen des Heimatvereins Hausneindorf e. V., dessen Vorsitzende sie heute ist. Der Verein hat schon viel geschafft: Die Burg ist heute Veranstaltungs- und Ausstellungsort. Jährlich finden hier sowohl der Burgadvent als auch das Osterfeuer statt. Auch zum Tag des offenen Denkmals organisiert der Verein ein Programm. Daneben finden Orgel- und andere Konzerte sowie Führungen zur Burggeschichte statt. Sabine Richter ist für Hausneindorf und die Burg eine feste Größe geworden. Sie ist Motor und Impulsgeberin, sie motiviert und initiiert. Und dabei ist sie beruflich fest eingebunden. Für den Verein und für Hausneindorf engagiert sie sich durchweg ehrenamtlich.

 

Steffen Amme, Aschersleben, OT Wilsleben

Weil Steffen Amme (44) in seinem Heimatort Wilsleben und in der Region etwas bewegen will, ist er hier Ortsbürgermeister geworden. Dieses Ehrenamt ist nicht sein einziges. Er ist auch Vorstandsmitglied und stellvertretender Vorsitzender im „Förderverein zur Erhaltung und Nutzung der Dorfkirche zu Wilsleben e. V.“, Vorstandmitglied und stellvertretender Vorsitzender im „Verschönerungsverein Aschersleben e. V.“ und Mitglied im Kleintierzuchtverein Winningen. Damit nicht genug: Er ist Mitglied im Aschersleber Stadtrat, Fraktionsvorsitzender der Wählerinitiative „Die Ascherslebener Bürger“, Ausschussvorsitzender des Finanz- und Verwaltungsausschusses sowie Mitglied des Stadtentwicklungs- und Wirtschaftsausschusses von Aschersleben. Auch in seiner hauptamtlichen Tätigkeit beim Fachdienst Natur und Umwelt des Salzlandkreises arbeitet er für seine Region.

 

Tilo Mottschall, Gardelegen, OT Ipse

Tilo Mottschall (46) wohnt seit 2008 in Ipse. 2016 gegründete sich durch seine Initiative der Verein Ipse excitare e. V. (in etwa „Ipse aufwecken“), dessen Vorsitz er übernahm. Die rund 15 Vereinsmitglieder organisieren gemeinsam kulturelle Veranstaltungen wie Konzerte, Lesungen, Ausstellungen in und um die Dorfkirche und „offene Gärten“. Sie sammeln Spenden, unter anderem für die Sanierung der Kirche. Tilo Mottschall schreibt unermüdlich Anträge, füllt Formulare aus, entwickelt Konzepte und entwirft Anschreiben. Dabei hat er nicht nur Verbesserungen, Ideen und Gestaltungsvorschläge für das Heimatdorf Ipse im Blick, sondern oft auch die Stadt Gardelegen, den gesamten Kirchenkreis und die Altmark als Ganzes. Bei der Sanierung der Ipser Kirche legt er selbst mit Hand an und begleitet die Restaurierungsarbeiten im Dachstuhl der kleinen Kirche.