Planetenweg Radis

Antje Möbius | Ausgabe 4-2021 | Bürgerschaftliches Engagement | Geschichte | Natur und Umwelt

Historische Aufnahme des Pabsthauses. Privatbesitz Antje Möbius.
Galle-Stein in der Ortsmitte Radis. Foto: Antje Möbius.

Einer von derzeit ca. 100 Planetenwegen in Deutschland ist in Radis zu finden. Der 4,5 km lange Weg wurde am 24.September 2016 eröffnet und ist mit dem Namen des Astronomen Johann Gottfried Galle verbunden, der 1812 in Radis geboren wurde. Idee und Ausführung oblagen dem Heimatverein Radis e. V.

Der Weg ist so angelegt worden, dass sich die einzelnen Punkte, die Planeten darstellen sollen, im Verhältnis 1 zu einer Milliarde zueinander befinden. D. h. ein großen Schritt eines Menschen (das ist ca. 1 Meter), entspricht im Weltall einer Million Kilometer (= 1 Milliarde Meter). Dazu müsste man ungefähr 25-mal die Erde am Äquator umrunden. Informationen zu den einzelnen Planeten bieten Tafeln, die entlang des Wanderwegs angebracht worden sind. Man erhält so eine Vorstellung von den Entfernungen der Planeten untereinander. Je weiter man sich von der „Sonne“ entfernt, desto größer wird auch der Abstand von „Planet“ zu „Planet“. Gleich hinter dem Radiser Bahnhof, am Rande des Europaradweges R1, befindet sich beispielsweise der Stein zum Jupiter.

 

Hier sind noch ein paar Fakten zum Jupiter, dem größten Planeten unseres Sonnensystems:

Wenn man zum Jupiter reisen wollte, bräuchte man:
– mit einem Auto das 120 km/h fährt (wie auf der Autobahn) ca. 740 Jahre
– mit einem Passagierflugzeug (ca. 900 km/h) ca. 99 Jahre
– mit dem schnellsten Düsenjäger (ca. 2.500 km/h) ca. 36 Jahre
– mit einer Raumsonde (ca. 25.000 km/h) ca. 5 Jahre[1]

 

Die Sandsteinblöcke, an denen die einzelnen Planetentafeln befestigt sind, stammen aus Wittenberg. Sie dienten im Mittelalter zur Befestigung der dortigen Stadtbäche, weshalb man sich durchaus vorstellen kann, dass Johann Gottfried Galle während seiner Gymnasialzeit in Wittenberg regelmäßig daran vorbeigelaufen ist.

Der Weg beginnt in der Ortsmitte von Radis am Johann-Gottfried-Galle-Stein. Hier lernte er lesen und schreiben. Das Ende markiert nach ca. 4,5 km der Stein für den Planeten Neptun und das „Pabsthaus“. Es ist das Geburtshaus von J. G. Galle, der dort am 9. Juni 1812 das Licht der Welt erblickte. Aber auch Luther soll auf seinen Reisen schon dort eingekehrt sein. (Leider brannte das Originalgebäude ab und es wurde das heutige Haus errichtet. Im Privatbesitz befindlich kann man es nur vom Zaun aus betrachten.) Das macht unseren Planetenweg zu etwas Einmaligen: Er verbindet zwei wichtige Punkte in der Biografie eines der berühmtesten Radiser Bürgers.

Johann Gottfried Galle besuchte hier die Schule und legte später sein Abitur mit Auszeichnung in Wittenberg ab. 1833 beendete er in Berlin das Studium der Mathematik und Philosophie erfolgreich und begann 1836 mit meteorologischen und astronomischen Betrachtungen an der Berliner Sternwarte und entdeckte während seiner Arbeit dort mehrere Himmelskörper. Berühmt wurde Galle durch die Entdeckung des Planeten Neptun. Nachdem Uranus entdeckt wurde, stellten die Astronomen fest, dass seine Bahn nicht so verlief wie sie sollte. Daraus folgerten sie, dass die Schwerkraft eines weiter außen liegenden Planeten den Uranus beeinflusst. 65 Jahre nachdem diese Vermutung aufgestellt wurde (1846), entdeckte Galle diesen Planeten, der nicht viel kleiner ist als der Uranus. Er wurde nach dem römischen Gott des Meeres Neptun benannt.

Später war J. G. Galle über 45 Jahre lang erst Leiter der Sternwarte Breslau, ab 1851 dann Professor für Astronomie an der Universität Breslau. In dieser Zeit berechnete und entwickelte er Methoden zur genaueren Bestimmung von Erscheinungen am Himmel und sammelte Daten zu Kometen. Insgesamt veröffentlichte er über 200 wissenschaftliche Werke. 1897 zog Galle nach Potsdam, wo er im Alter von 98 Jahren starb.

Am 25. September 2021 erhielt die Radiser Grundschule aus Anlass des 175. Jahrestages der Entdeckung des Neptun den Namen „Johann Gottfried Galle“.

Ein Teil des Planetenweges liegt am Radweg R1, so dass man durchaus auf dem Weg nach Ferropolis oder Dessau – Wörlitz einen kurzen Abstecher zum Pabsthaus machen könnte.

Die Mitglieder des Heimatvereins Radis e. V. haben einen Audio-Guide erstellt, der entlang des Planetenweges an den einzelnen Punkten bzw. Steinen über J. G. Galle und die einzelnen Planeten informiert – und das nicht nur in Hochdeutsch, sondern auch in der hiesigen Mundart, auf „Radisisch“ sozusagen: Planetenweg Radis (guidemate.com)

Auf dem Gutshof Radis und entlang des Planetenweges gibt es zudem zahlreiche Geocache[2]-Punkte.

[1] Planet Jupiter – Medienwerkstatt-Wissen © 2006 – 2021 Medienwerkstatt (medienwerkstatt-online.de)

[2] Geocaching, im deutschsprachigen Raum auch GPS-Schnitzeljagd genannt, ist eine Art Schatzsuche, die sich Ende des 20. Jahrhunderts auszubreiten begann. Die Verstecke werden anhand geographischer Koordinaten im Internet veröffentlicht und können anschließend mithilfe eines GPS-Empfängers gesucht werden. Mit genauen Landkarten oder über entsprechende Apps auf dem Smartphone ist die Suche alternativ auch ohne separaten GPS-Empfänger möglich. Vgl.: http://de.wikipedia.org/wiki/Geocaching.