Interview mit Müllermeister Axel Schröder jun. in der Mühle in Thale

| Ausgabe 1-2022 | Interview | Kulturlandschaft

In der Getreidemühle der Familie Schröder in Thale. Foto: Matthias Behne, lautwieleise.
Müllermeister Axel Schröder jun. in der Getreidemühle in Thale. Foto: Matthias Behne, lautwieleise.

Hallo Herr Schröder, Sie sind wahrscheinlich der jüngste Müller in Sachsen-Anhalt?

Ja, das stimmt. Als ich 2012 in der Mühle die technische Leitung von meinem Großvater übernommen habe, war ich gerade mit meinem Meisterlehrgang fertig. Damals war ich erst 22!

Das war ein mutiger Schritt von Ihnen! Warum sind Sie gerade Müller geworden?

Die Mühle gehört unserer Familie seit 1893. Damals hat Gustav Kleinau aus Niederndodeleben die alte Ölmühle vom Thalenser Gutsbesitzer Baron Georg von dem Bussche­Streithorst gekauft und zu einer Getreidemühle umgebaut. Das ist hier ein uralter Mühlenstandort. Der älteste noch erhaltene Teil der Mühle stammt aus dem 16. Jh. In unserer Familie hat das Müllerhandwerk eine lange Tradition. Seit dem 16. Jahrhundert gab es unter unseren Vorfahren 90 Müller und Mühlenbauer! Schon als Kind war ich immer in der Mühle. Da war schon früh klar, dass ich auch mal Müller werden möchte.

Sie haben die Mühle von Ihrem Großvater übernommen, Axel Schröder sen. Wie ist Ihr Verhältnis zueinander?

Mein Großvater ist jetzt 74 und immer noch mein wichtigster Mitarbeiter und Ansprechpartner. Er hat 1978 die Mühle gemeinsam mit seiner Frau übernommen und mit viel Kraft die Mühle über die DDR­Zeit erhalten. Er hat die Mühle immer weiter modernisiert und den neuen Erfordernissen angepasst. So konnte ich von ihm eine tadellos funktionierende Mühlentechnik übernehmen und mit unserer Mühle heute qualitativ sehr hochwertige Mehle herstellen.

Ihre Tante, Claudia Schröder, ist die Geschäftsführerin. Ihre Mutter leitet das zur Mühle gehörende Reformhaus. Sie sind voll und ganz ein Familienbetrieb. Ist das nicht auch manchmal etwas schwierig?

Sicher gibt es auch mal Meinungsunterschiede und Auseinandersetzungen. Aber die lassen sich immer lösen. Am Ende finden wir immer eine Möglichkeit, dass alle gut damit leben können.

Wie können Sie gegen die Konkurrenz der Großmühlen bestehen?

Das ist nur mit viel Arbeit und sehr hoher Qualität möglich. Seit 2007 haben wir das Geschäft allmählich erweitert und verändert. Wir wollten nur langsam wachsen, um die Qualität halten zu können. Heute beliefern wir 70 backende Betriebe, also kleine Bäcker, Pizzabäcker usw. in der Region und insgesamt 80 Mehl verarbeitende Betriebe rund um den Harz. Wir wollten auf jeden Fall eine Abhängigkeit von einer Großbäckerei vermeiden. Und das hat auch geklappt, war aber langwierig und anstrengend. Wir haben neue Kunden gesucht, ich war „Klinkenputzen“ – und zwar erfolgreich. Dafür müssen wir unsere Touren so wirtschaftlich wie möglich organisieren. Die Bäckereien beliefern wir im Zwei­Wochen­Rhythmus. Wir haben zwei LkWs und zwei Fahrer. Mir ist der persönliche Kontakt zu den Kunden sehr wichtig.

Wo bekommen Sie das Getreide her, das Sie mahlen?

Das Getreide kaufen wir zum Teil bei den hiesigen Bauern selbst ein. Das meiste kommt von den großen Agravis­Filialen der Region. Für Bio­Mehl gibt es leider noch zu wenig Abnehmer in Sachsen-Anhalt.

Was planen Sie für die Zukunft?

Natürlich möchte ich die Mühle erhalten und vielleicht auch an die nächste Generation weitergeben. Vielleicht werden wir auch selbst einmal Lehrlinge ausbilden. Aber das ist schwierig. Es gibt in Deutschland nur noch zwei Schulen, die Müller ausbilden, eine in Niedersachsen und eine Baden­Württemberg. Aber es ist eine tolle, umfassende Ausbildung, sie bietet so viele Möglichkeiten.

Wo haben Sie Ihr Handwerk gelernt?

Ich habe 2007 meine Müllerlehre an der Müllerschule Wittingen in Niedersachsen begonnen. Danach habe ich zwei Jahre an der Deutschen Müllerschule Braunschweig (DMSB) studiert. Nach Ende meines Studiums hatte ich vier Abschlüsse: ich bin Müllermeister, Mühlenbauer, „Staatlich geprüfter Techniker“ in der Fachrichtung „Mühlenbau, Getreide­ und Futtermitteltechnik“ und „Müllereibezogener Verfahrenstechniker“.

Die Fragen stellte Christine Schlott