„Musik, Musik! Du Echo andrer Welten …“

Anne Usadel | Ausgabe 1-2021

C. Böttger, Tröglitz

„Ich meine immer, wer über Musik schreibt,
sollte, wie die Musik, selbst,
das Herz dabei mit bewegen.“

Ernst Ortlepp, 1833

 

Die Zeitzer Ernst-Ortlepp-Gesellschaft trug in den vergangenen 20 Jahren zahlreiche wichtige, als verschollen geltende Werke, Briefe und Handschriften des Dichters, Herausgebers und Übersetzers Ernst Ortlepp zusammen und veröffentlichte sie neu. Besonders hervorzuheben ist dabei auch die außerordentliche Arbeit des Vorstandsmitglieds Manfred Neuhaus, der sich nun auch Ortlepps kaum erforschter Bedeutung als Musikschriftsteller des 19. Jahrhunderts widmete. Die Herausgabe seiner Dokumentation „Musik, Musik, du Echo andrer Welten. Ernst Ortlepp und die Musik“ in der Schriftenreihe der Ernst-Ortlepp-Gesellschaft gleicht einer Entdeckung. Nur wenigen war bisher bekannt, dass Ortlepp auch zu den herausragenden Musikschriftstellern seines Jahrhunderts gehört.

Ernst Ortlepp wurde am 1. August 1800 in Droyßig bei Zeitz geboren. Dort verbrachte er die frühe Kindheit, wuchs in einem protestantischen Pfarrhaus auf und genoss die Bildung dieser sozialen Sondergruppe. Schon sehr früh wurde Ortlepps musikalisches Talent erkannt. So spielte er bereits seit seinem 6. Lebensjahr Klavier und Orgel, was ihm eine Freistelle in Schulpforta verschaffte.

Die Dokumentation von Manfred Neuhaus ordnet Ortlepps Texte zur Musik thematisch nach Schwerpunkten. Einer ist das Zusammentreffen mit Robert Schumann. Beide lernten sich in Leipzig kennen, schätzten sich, wurden Freunde und arbeiteten zusammen. So gründeten sie auf Anregung Ortlepps die erste deutsche und noch heute verlegte Musikzeitschrift, die „Neue Zeitschrift für Musik“, mit der Absicht, der zunehmenden Mittelmäßigkeit im Leipziger Kulturleben entgegenzuwirken.

Unbekannt waren bislang auch Ortlepps Berichte über die frühen Auftritte Clara Wiecks in Leipzig, die in verschiedenen Zeitschriften veröffentlicht wurden. So schrieb Ortlepp über einen Auftritt der elfjährigen Clara am 28. Mai 1831 im „Kometen“: „Eine interessante Abwechselung erhielt das Konzert besonders durch das herrliche Pianofortespiel der elfjährigen Clara Wieck, die uns bei Vortrag eines Rondo`s von Prixis und sehr schwieriger Variationen von Herz abermals einen Grad Fertigkeit, Delicatesse und Kraft zeigte, den wir an einem Kinde von diesem Alter bewundern müssen. Damit verbindet sie einen herrlichen, deutlichen, gediegenen Anschlag und die größte Sauberkeit. An guten Pianisten ist unsere Zeit sehr reich; umso größer der Ruhm für die Kleine, wenn sie unter so Vielen als ein hervorstrahlender Stern besondere Aufmerksamkeit zu erregen weiß.“

In Ortlepps Leben und Schaffen brachte das Jahr 1835 einen doppelten Einschnitt. Nach Erscheinen seines Poems „Fieschi“ griff die Staatsmacht mit Entschiedenheit zu. Der damals mächtige Politiker Metternich sorgte für rigorose Verfolgung, Beschlagnahmung und Verbot Ortlepps Gedichte. Kurze Zeit später erhielt Ortlepp die Ausweisung aus Leipzig. Daraufhin wandte er sich nach Stuttgart und trat in den folgenden Jahren überwiegend als Musikschriftsteller, Herausgeber und Übersetzer auf.

Manfred Neuhaus ist es zudem gelungen, die erstaunlich vielen lyrischen Dichtungen Ortlepps zusammenzutragen, die vertont wurden. Auch Gedichte, die nach bekannten Melodien zu singen sind, oder Lieder ohne Melodien sind in der Dokumentation verzeichnet.

Besonders verdienstvoll ist jedoch die Vorstellung der im 19. Jahrhundert wohl einmaligen und damals viel gelesenen musikalischen Anthologie „Großes Instrumental und Vokal-Concert“ in 16 Bänden, die Ortlepp ab 1841 in Stuttgart herausgab. Darin trug Ortlepp biografische Skizzen aus dem Leben großer Tonkünstler, humoristische Aufsätze, Briefe, Novellen, merkwürdige historische Notizen, Anekdoten und Kuriositäten sowie die schönsten Bemerkungen und Aphorismen über Musik zusammen.

Manfred Neuhaus schuf mit dieser Dokumentation grundlegende Voraussetzungen für die weitere Beschäftigung mit dem Werk Ernst Ortlepps.